Land & Raum 2 1999

Bildung im ländlichen Raum

Die Herbstausgabe der Zeitschrift ≥Ländlicher Raum„ befaßt sich mit allen Aspekten der Bildung im ländlichen Raum: welchen Ansprüchen muß das Bildungsangebot genügen, welche Initiativen gibt es, welche Rolle spielen die neuen Medien etc.

Umfassende Bildung und die entsprechende Qualifikation sind die wichtigsten Grundlagen für die wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Sicherheit – sowohl für den einzelnen als auch für die Entwicklung des ländlichen Raumes. Angesichts der gewaltigen Entwicklungsdynamik unserer Zeit, die ständig neue Anforderungen an die Menschen stellt, muß das Bildungswesen eine orientierende, wertvermittelnde und zukunftsweisende Funktion übernehmen.

Diese Überlegungen zum Anlaß genommen, hat das Redaktionsteam wieder einige interessante Artikel für die Zeitschrift ≥Ländlicher Raum„ zusammengetragen. Einige Themen: Was sind die Bildungsziele für eine bäuerliche Landwirtschaft? (W. Pevetz), Welche Anforderungen stellt eine multifunktionale Landwirtschaft? (G. Pichler), Welche Möglichkeiten, Gefahren und Risken bergen die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien? (F. Nahrada). Konkret wird es in einer Reihe von Projektberichten bzw. -ideen: die Tiroler Landhauptschule, ≥Bildung und Begegnung„ in der NÖ Dorferneuerung, Ausbildung für Teleberater im LFI Steiermark, Weiterbildung im Virgental, Holzverarbeitungsausbildung im Bregenzerwald etc. Ein Beitrag zu ≥Schule am Bauernhof„ darf natürlich auch hier nicht fehlen: eine Lehrerin erzählt aus ihren Erfahrungen. Etwas ungewöhnlich ist vielleicht ein Artikel über neue Gedanken zum Thema Verkehrssicherheit und umweltgerechtes Mobilitätsverhalten: ein gemeinsames Projekt von Schule und Fahrschule.

Inhaltsverzeichnis
Bildungsziele und Bildungsforschung für eine bäuerliche Landwirtschaft
Werner Pevetz

Berufliche Bildung im ländlichen Raum – Bildung für eine Multifunktionalität in der Landwirtschaft
Gertraud Pichler

≥Bildung und Begegnung„ – Ein Werkstattbericht aus Niederösterreich
Karl Trischler

Die Klosterbibliothek des 21. Jahrhunderts – eine Metapher für die Zukunft der Bildung im ländlichen Raum
Franz Nahrada

Von der Tiroler Landhauptschule und der Umkehr zum ländlichen Raum
Hubert J. Jungwirth

Telearbeit – ein Meilenstein für die Arbeitswelt
Christa Baumgartner

Gönn´ Dir ein Stück Zukunft im Osttiroler Virgental – Weiterbildung
Leo Gander

Machbarkeitsprüfung zur Holzverarbeitungsausbildung mit Berufsreifeprüfung  Projektbeschreibung
Franz Rüf

Schule am Bauernhof – persönliche Erfahrungen
Haidl Sonja

Mobilität
Sylvia Masopoust

Aus der ÖKL-Arbeit, Mitteilungen, Buchbesprechungen

Bildung ist ein wichtiger Schatz
(Editorial)

Die Lösung unserer heutigen Probleme läge zum größten Teil in den Humanressourcen,  meinen die Vereinten Nationen (siehe Zitat auf Seite 15) – und sie haben wahrscheinlich recht. Spontan denke ich beim Wort Ressource an Rohstoffe, die die Erde in sich birgt, die knapp werden und mit denen wir sorgsam umgehen müssen. Zum Beispiel auch Bildung in die Reihe der Rohstoffe einzuordnen, ist ein interessantes Gedankenexperiment. Wo ist dieser Stoff, wie kann er ≥gefördert„ werden, wie muß man mit ihm haushalten, wem soll er zugänglich gemacht werden, was kostet dieser wichtige Rohstoff, kann er veredelt werden, wie wird er zum Zielort transportiert, hat jemand die Verwaltungshoheit über ihn …?

Diese Ausgabe der Zeitschrift ≥Ländlicher Raum„ beschäftigt sich – nach langen Überlegungen des Redaktionsteams – mit dem Thema Bildung. Experten aus den verschiedensten Bereichen konnten gewonnen werden und haben Artikel beigesteuert, in denen viel Wissen, Erfahrung und auch Arbeit steckt. Vielen Dank!

Werner Pevetz und Gertraud Pichler, beide mit der Erstellung des 2. Agrarischen Bildungsberichtes betraut, gehen ausführlich darauf ein, welchen neuen Anforderungen sich das ländliche und landwirtschaftliche Bildungssystem angesichts der Multifunktionalität der österreichischen Landwirtschaft stellen muß. Pevetz geht in 14 Punkten auf den Forschungsbedarf ein, Pichler gibt einen Überblick über die bestehenden Möglichkeiten für die berufliche Bildung.

Die Tiroler Landhauptschule, vorgestellt von Hubert Jungwirth, ist ein erfolgreiches Schulmodell für den ländlichen Raum – mehr Mitsprache, weniger Pflichtstunden. Die Lehrer kommen auch fallweise zu den Schülern, um zeitaufwendigen Schülertransport zu den zentralen Schulen zu vermeiden. Das Modell hat schon Nachahmer in anderen Bundesländern gefunden.

Karl Trischler und Franz Nahrada beschäftigen sich seit Jahren mit Bildung, neuen Medien und deren Chancen für den ländlichen Raum. Das Projekt ≥Bildung und Begegnung„ der NÖ Dorferneuerung strebt mit Hilfe des Instrumentes Bildung die nachhaltige Sicherung von Lebensqualität im ländlichen Raum an. Nur eines der erfolgreichen Beispiele ist das ≥literatur network gänserndorf„, wo heute acht Büchereien im Raum Gänserndorf gemeinsam ein umfangreiches Programm bieten und Dorferneuerung nicht bei der Neugestaltung des Hauptplatzes aufhört. Franz Nahrada überlegt, wie denn eine Klosterbibliothek des 21. Jahrhunderts aussehen könnte und ob nicht die Globalisierung auch die Chance beinhaltet, manchen Ort ≥wiederzugewinnen„.

Wofür ganz konkret die neuen Medien eingesetzt werden können, zeigt ein Projekt des LFI Steiermark, wo Beraterinnen und Berater für Telearbeit ausgebildet werden. In Österreich üben je nach Definition 21.800 bis 51.600 Personen die Arbeitsform Telearbeit aus, Tendenz steigend. Eigens ausgebildete BeraterInnen sollen den Unternehmern und den Arbeitnehmern wertvolle Hilfe leisten. Im Osttiroler Virgental konnte auf Basis einer gezielten Bedarfserhebung ein Bildungsangebot zusammengestellt werden, das von 10 % der regionalen Bevölkerung konsumiert wird – Leo Gander berichtet.

Im Bregenzerwald, wo Holzverarbeitung die dominierende Branche ist, hofft man mit einer Holzverarbeitungsausbildung mit Berufsreifeprüfung notwendige Fachkräfte auszubilden – auch im Hinblick auf Expansionsmöglichkeiten des Gewerbes auf den nahe gelegenen Auslandsmarkt. Die Machbarkeitsstudie wird von der Regionalentwicklung Bregenzerwald GmbH durchgeführt. Ein gedanklicher Sprung zu etwas ganz anderem: Sylvia Masopust berichtet von einer Bildungsinitiative, die sich mit dem Mobilitätsverhalten junger Menschen auseinandersetzt. Mehr Sicherheit, mehr Ökonomie, mehr Ökologie sind die Ziele – die schulische Verkehrserziehung und die Fahrschule arbeiten zusammen an deren Erreichung.

Schließlich gibt uns eine Lehrerin einen sehr persönlichen und lebendigen Bericht zu ihren Erfahrungen mit Schule am Bauernhof, einem Thema, das zur Zeit in aller Munde ist. Durch diesen Artikel kann sich jeder vorstellen, welch tolles Erlebnis so ein Besuch beim Bauern für die Schülerinnen und Schüler ist.

Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern eine interessante Lektüre. Außerdem möchten wir Sie auch herzlich einladen, uns Leserbriefe zu senden. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung.

Zum Abschluß darf ich Ihnen im Namen der Redaktion und des gesamten ÖKL ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in das Jahr 2000 wünschen!

Eva-Maria Munduch-Bader

Land & Raum 1 1999

Erneuerbare Energie – Chance für den ländlichen Raum

Das Frühjahrsheft dieses Jahres beschäftigt sich mit dem Thema ≥Erneuerbare Energie – Chance für den ländlichen Raum„. Wärme aus Holz und Biogas, Kleinwasserkraftwerke, Windkraftanlagen – grundsätzliche Gedanken und viel Information über die Situation in Österreich wird darin geboten. Weiters Gedanken zu Energiekonzepten für österreichische Gemeinden und Regionen und ein Konzept in der Schweiz. Wie immer gibt es mehrere konkrete Beispiele, die praxisnahe Information geben und zum Nachahmen anregen sollen.

Editorial von Barbara Steurer: ≥Zurück in die Zukunft„ Lange bevor sich die Menschheit mit der Endlichkeit fossiler Energieträger, dem Treibhauseffekt und der Gefährlichkeit der Atomenergie auseinandersetzen mußte, waren Sonne, Wasser, Wind und Holz die wichtigsten Energielieferanten. Heute scheint eine Rückbesinnung auf altbewährte Lösungen in der Energiefrage unumgänglich, wenn nicht sogar überlebenswichtig zu sein. Zu  groß sind die Schäden, die in den letzten Jahrzehnten durch Wachstumsstreben, kurzfristige Ge-winnmaximierung und damit verbundener Energieverschwendung entstanden sind. Man denke nur an die Endlagerung des bisher produzierten Atommülls, die unsere Nachkommen in den nächsten Jahrtausenden beschäftigen wird. ≥Zurück in die Zukunft„ sollte daher die Devise sein, wenn es um eine sinnvolle und nachhaltige Energienutzung geht. Frühere Generationen hatten keine Alternative zum ≥Leben im Kreislauf der Natur„, heute muß dieser Weg bewußt beschritten werden. Die in den Beiträgen vorgestellten Beispiele und Überlegungen verfolgen diese Richtung. Dabei wird einerseits klar, daß es vor allem im Bereich der Wärmeversorgung gut funktionierende Alternativen zu Erdöl, Erdgas und Kohle gibt. Andererseits lassen die immer noch viel zu niedrigen Preise der fossilen Energieträger diese Alternativen oft unwirtschaftlich erscheinen. Umweltbelastungen werden dabei nicht in Rechnung gestellt. Eine ≥Internalisierung der externen Kosten„ wie im Beitrag aus der Schweiz gefordert, könnte viel zur Energieeinsparung sowie zur Förderung der erneuerbaren Energiequellen beitragen. In Österreich basiert die Energieversorgung derzeit zu immerhin 25 % auf erneuerbaren Energie-trägern, wobei hier die Wasserkraft den größten Stellenwert einnimmt. Das durch ökologisch unverträgliche Großprojekte zu Recht entstandene schlechte Image der Wasserkraft hat leider  – oft zu Unrecht  – auch die Kleinwasserkraftwerke erfaßt, wie es im Artikel von Bernhard Pelikan zum Ausdruck kommt. Dabei wird auch deutlich, daß es bereits Konkurrenz in der Gruppe der ≥Erneuerbaren„ gibt. Daß aus Konkurrenz Ergänzung werden kann, zeigt das Beispiel von ≥Hydro-Solar„ in Kötschach-Mauthen. Hier wird die ≥Verbindung der drei Energien Wind, Wasser und Sonne zu einer jahresdurchgängigen Erzeugungskette„ genutzt. Herrscht Mangel bei einem, ist meist das andere im Überfluß vorhanden. Damit gute Vorsätze nicht am Geld scheitern, ist das Modell des ≥Bioenergie-Contractings„ wie in den Beiträgen von Robert Freund und Herbert Lammer vorgestellt, eine gute Möglichkeit für Gemeinden und Privatpersonen ihre Wärmeversorgung kostengünstig und umweltschonend sicherzustellen. Dabei profitieren sowohl das Contracting-Unternehmen als auch der Abnehmer von den eingesparten Energiekosten. Eine wirklich ≥altbewährte„ Lösung zur Energieerzeugung stellt die Holznutzung dar. Gerade im waldreichen ländlichen Raum sollte der Einsatz von Biomasse zur Wärmeerzeugung eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Das dem nicht so ist, sondern gerade auf dem Land immer noch alte Holz- auf Öl- und Gasheizungen umgestellt werden, mag bedenklich stimmen. Umso erfreulicher sind jene Beispiele, wo Fernwärme-, Nahwärme- und Mikronetze von Biomasseheizwerken gespeist werden, und sich interessante neue Erwerbsmöglichkeiten für die ohnehin von Krisen geschüttelte Landwirtschaft eröffnen. Es ist deutlich zu erkennen, daß ≥green energy„ nicht nur Vergangenheit, sondern auch Zukunft hat – und es ist zu hoffen, daß all jene, die jetzt aktiv am Ausstieg aus der Atomenergie und der Verdrängung fossiler Energieträger arbeiten, im nächsten Jahrtausend als Pioniere einer neuen Ära bezeichnet werden. (Barbara Steurer)

Inhaltsverzeichnis
Bioenergie in Wärmenetzen
Heinz Kopetz

Bioenergie-Cluster Österreich
Industriewissenschaftliches Institut

Über die aktuelle Situation der Kleinwasserkraft in Österreich
Bernhard Pelikan

Bedeutung von Biogas in Österreich
Gerhard Jüngling

Der Landwirt als Energieversorger und Energie-Dienstleister
Gerhard Jüngling

Biomasseheizwerk Tamsweg
Richard Rainer, Eva-Maria Munduch-Bader

Contracting schont Umwelt sowie Geldbörse und bringt Aufträge
Robert Freund

Holzenergie-Contracting-Projekte – Finanzielle und technische Aspekte von bäuerlichen Wärme-versor-gungsmodellen
Herbert  Lammer

Auswirkungen der Verwendung von Biomasseenergie auf Landschaft und -bewirtschaftung
Hannes  Klein

Acht Jahre Erfahrung mit dem Aktionsprogramm Energie 2000: Umweltschutz und Energiesparen nach Schweizer Art
Adrian Lüthi, Daniel Binggeli und Peter Cunz

Energiekonzepte für österreichische Gemeinden und Regionen im ländlichen Raum
Hans Kordina

Windenergie in Österreich – Analyse der Strategien und Problemkreise
Brigitte Hahn, Michael Stadlober

≥Hydro – Solar“ – erneuerbare Energiegewinnung und Erlebnistourismus in Kötschach-Mauthen
Wilfried Klauss, Eva-Maria Munduch-Bader

≥Nicht in Schönheit sterben„ – der Ebnerhof in Türnitz versorgt sich selbst mit Strom und Wärme
Gebhard Aschenbrenner

Aus der ÖKL-Arbeit, Mitteilungen, Buchbesprechungen

Für alle, die eine nachhaltige Alternative zur Erdöl, Erdgas und Atomstrom suchen, eine wichtige Lektüre!