ÖKL- Kolloquium 2008: Wasser als begrenzender Faktor
Wie der mit über 100 Besuchern volle Hörsaal an der BOKU bewies, hatte der Vorstand des ÖKL für das Kolloquium ein zugkräftiges Thema vorgegeben. Es wurde wieder an der BOKU abgehalten, deren Rektorin, Dr. Ingela Bruner in ihrer Begrüßung diese als ‚Tor zum Osten‘ vorstellte. Ihre Einladung an die relativ zahlreichen Absolventen im Publikum, an der Weiterentwicklung der BOKU teilzunehmen, ‚provozierte‘ prompt die Forderung, über der Ökologie nicht die Ökonomie aus den Augen zu verlieren. DI Stefan Dworzak, de die Teilnehmer als Obmann des ÖKL begrüßte ist Praktiker und bewirtschaftet einen Gutsbetrieb im Burgenland. Für ihn stellten die heuer abnormal hohen Niederschläge von über 1000mm zwar keinen den Ertrag aber einen die Qualität begrenzenden Faktor dar.
Weiter verwies Prof. Boxberger, der die Diskussion leitete, auf die Bedeutung des Kolloquiums zur Wissensvermittlung. Gemäß einer Untersuchung seines Institutes gelangen nur 10% des vorhandenen Wissens letztlich ‚dort an, wo es gebraucht wird‘.
(Anmerkung: Das beim Kolloquium vorgetragene Wissen ist zu 100% im Internet und absolut wert, aufgerufen zu werden).
Vielfältige Vorträge
Mag. Oliver Tamme von der Bundesanstalt für Bergbauernfragen verwies auf die zahlreichen Auswirkungen der mittlerweile außer Diskussion stehenden Erderwärmung. Diese führt auch dazu, dass sich das Meerwasser ausdehnt und somit den Meeresspiegel ansteigen lässt. Von unmittelbarer Bedeutung für Österreich ist, dass die Dauer der Vegetation zunimmt; die Frage ist, ob auch immer genug Wasser vorhanden ist. Die vermehrten Starkregen, die rasch wieder abfließen, tragen dazu nur bedingt bei. Nicht geklärt ist ob die Zahl der Lawinen zunimmt; fest steht aber, dass dies für den Steinschlag gilt, wenn die Schichten nicht mehr durch den Frost zusammen gehalten werden. Offen ließ Tamme, ob nicht der Überträger der Blauzungenkrankheit bei Rindern vom warnen Klima profitiert.
Gemäß Dr. Schönberger braucht Mais entgegen allgemeiner Meinung zur Produktion von einem Kilo Trockensubstanz weniger Wasser als z. B. Gerste. Mais kommt mit trockenen Bodenverhältnissen am Besten zurecht. Eine Versorgung an Wasser mit 50 bis 60 % der Feldkapazität stellt das Optimum dar. Mehr Wasser behindert die Sauerstoffzufuhr, damit nehmen die Diffusion und die Nährstoffaufnahme ab. Wenn voraussichtlich zum Zeitpunkt der Bestockung zu wenig Wasser vorhanden ist muss die Saatmenge bei Getreide entsprechend erhöht werden, wobei die Sorten berücksichtigt werden sollen.
Prof. Sourell von der Universität Braunschweig legte dar, dass die Bewässerung als Beregnung, wie sie in unseren Breiten üblich ist, nur ein Drittel der Fläche einnimmt und die Oberflächenbewässerung bei weitem überwiegt. Die Errichtung eines Tiefbrunnens überwiegt die Kosten für die Pumpe, deren Energieversorgung wiederrum macht mehr als die Hälfte der Verfahrenskosten ausmacht. Beregnungsmaschinen sind kostengünstiger, aber windanfälliger als Linear- oder Kreisregner, die allerdings eine Mindestfläche für den wirtschaftlichen Betriebe erfordern. Die Regner können bei schwierigen Bodenverhältnissen mit Tandem und sogar Raupenfahrwerk ausgestattet werden. Je nach den herrschenden Verhältnissen sind ‚beregnungskostenfreie Mehrleistungen‘ bei Kartoffeln von 55o Euro, bei Braugerste von 410 Euro und bei Zuckerrüben von 260 Euro pro Hektar möglich.
Bei der Gutsverwaltung Hardegg haben sich die Verhältnisse gegenüber jenen vor 30 Jahren gewandelt: Der regulierte (‚eigeschnittene‘) Flusslauf wurde zur Reduzierung von Hochwässern infolge der vermehrt auftretenden Starkregen zurückgebaut und die Landschaft mit Hecken und Wassergräben strukturiert. Dies trug dazu bei, die Temperaturspitzen von 37 Grad Celsius zu reduzieren, das Kleinklima zu verbessern und den Grundwasserhorizont zu sichern. Zusammen mit der Beregnung, auch von separierter Gülle, wird die Wertschöpfung erhöht. DI Hardegg forderte vor dem Hintergrund einer sinkender Getreidevorräte ein Bekenntnis zu einer Landwirtschaft in Österreich, welche die vorzüglichen natürlichen Gegebenheiten nützt und nachhaltig ist. Generell sollten Investitionen in die Wasserhaltung gefördert werden.
Auf bloße Schätzungen des Niederschlages kann sich die Hagelversicherung gemäß dem Vortrag von Direktor Fank nicht einlassen: Drei Millimeter in einem Monat sind in der Landwirtschaft zu wenig, äußerst störend aber während eines Hochzeitszuges. Es wird daher auf ein Netz mit nur ein Kilometer auseinanderliegenden Messpunkten der Flugsicherung zurückgegriffen, das in Fünfminuten-Abständen Nebel, Regen, Hagel quantitativ erfasst. Beobachter erfassen anhand eines Schemas das ortsübliche Wuchsstadium. Damit wird eine objektive Schadensregulierung ermöglicht. Versichern lässt sich nicht nur der ‚klassische‘ Hagelschaden, sondern auch Dürre, Auswuchs, Schnecken- und Fasanenfraß. Seit 2006 hat sich der Hagelschaden verdreifacht, im Juni hagelt es an durchschnittlich 12 Tagen! Die Zahl der versicherten Bauern, denen teils nicht bewusst ist, dass der Bund die Hälfte der Prämien bezahlt, hat sich seit 1995 verdoppelt. Im Schnitt zahlen sie für die ‚Rundum-Sicherheit‘ 1,91% des Ertrages.
Der Güterdirektor des Landes NÖ, Dr. Rosner zeigte als Einleiting zu seinem Vortrag Bilder schwerster Erosionsschäden und dachte laut darüber nach, wann die Straßenmeistereien daran gehen, Bauern die solche Ereignisse beinahe schon ‚fahrlässig‘ herbeiführen, an den Räumungskosten für Straßen (-gräben) zu beteiligen. Die Schäden durch unsachgemäße Bodenbearbeitung müssen nicht immer so augenscheinlich sein, wie wenn am Hangfuß der spannenhohe Mais zugeschwemmt wird, mit Erde, die an der Kuppe dann fehlt. Nicht derart augenscheinlich, und doch eine Tatsche ist, dass der Erdabtrag bei konventioneller Bearbeitung mit 2,94 t/ha knapp das Vierfache gegenüber dem bei Minimalbearbeitung beträgt. Gebietsweise hat sich der Humusgehalt in 20 Jahren auf den Äckern Jahren halbiert; dadurch speichert der Boden aber auch weniger Kohlenstoff. Der Pflug, der manchmal durchaus gerechtfertigt ist, schafft den ‚reinen Tisch‘, aber ‚Ästhetik hat nichts mit dem Einkommen zu tun‘, so Rosner. Anschließend gab es eine Diskussion, inwieweit die laut UBAG geforderte Begrünung im Trockengebiet immer sinnvoll ist.
Es folgte eine Präsentation von Firmen, die Regner, Tropfenbewässerung und die zugehörige Steuerung herstellen bzw. vertreiben. Gebhard Aschenbrenner (ÖKL), übernahm den Vortrag der Fa. BAUER, in Europa einer der wichtigsten Hersteller von Beregnungstechnik, die von händisch zu verlegenden Rohren (dezente Bezeichnung: hand-move) über Regenmaschinen bis zu den Kreis- und Linearregnern mit einer Wasserzufuhr über Rohre oder Kanäle reicht und zu überwiegenden Anteilen (in den Osten) exportiert wird.
Die Tropfenbewässerung, vorgestellt von Herrn Wannemacher der Fa. PARGA , hat die höchste Effektivität. Sie erzeugt eine ‚Feuchtezwiebel‘ im Wurzelbereich der Pflanze während Stamm und Blätter trocken und somit unempfindlich gegen verschiedene Erkrankungen bleiben. Die Schläuche weisen nicht einfach nur Löcher auf, sondern sind ein High-Tech-Produkt, das bei unterschiedlichem Druck die Wassermenge konstant hält. Ein Schutz verhindert dass in mehrjährigen Kulturen Wurzeln in den bis zu mehrere hundert Meter langen Schlauch hineinwachsen.
Die Effektivität der Beregnung aber auch von deren Dauer ab: diese nach Gefühl oder der Formel ‚Pi x Daumen-weil´s so trocken ausschaut‘ (Dr. Pacher) länger laufen zu lassen kostet nicht nur Energie, sondern kann Nährstoffe in den Unterboden verlagern. Es gilt z.B. im Obst- und Weinbau noch andere Parameter wie Wind, Luftfeuchte zu messen und mit elektronisch hinterlegten Prognosemodellen etwa zum Mehltau abzugleichen. Besonderes Augenmerk muss der Bodenfeuchtemesseng mit geeigneten Sensoren gelten. Die Daten werden, wie bereits der Name ‚ADCON-Telemetry‚ indiziert, per Funk übertragen.
In der Riede Jungenberg des Wiener Bisamberg werden vorerst 15 ha Rebflächen im Zuge eines geförderten Projektes tropfenbewässert. Zahlreiche Genehmigungen der Stadt, nicht zuletzt das Einverständnis der Grundeigentümer, die ihre Flächen nicht mehr bewirtschaften und weggezogen sind, waren notwendig. Eine Herausforderung stellt die für die steilen Lagen erforderliche Pumpenleistung dar. Sicherzustellen war auch, dass die Quellschüttung ausreicht und stabil bleibt, so die Ausführungen von DI Schilling, einem Weinhauer sowie Vizepräsidenten der LK Wien.
Das Fazit: Die Mühe aller Beteiligten hat sich gelohnt, die Diskussionen waren originell bis kritisch und die von der BOKU organisierte Infrastruktur, ebenso wie das Essen, zu dem die Aula des Schwackhöfer ein passendes Ambiente bot, hervorragend. Nun gilt: Nach dem Kolloquium ist vor dem Kolloquium.
(Gebhard Aschenbrenner)