Bericht Biogas Spezialberater Seminar des ÖKL 2017

Abfallvergärung in mobilen und ortsfesten Anlagen

Das diesjährige ÖKL-Seminar der Biogas-Spezialberater wurde gemeinsam vom ÖKL und dem Kompost- & Biogas-Verband organisiert und diente dem Erfahrungsaustausch. Es wurde über zwei Tage mit Theorie- und Diskussionsmöglichkeiten in der Bezirksbauernkammer Wels an Tag eins, und Exkursionen zu Abfallverwertern an Tag zwei gestaltet. Eingangs wurde kurz die derzeitige Lage der Biogaserzeugung umrissen. Demnach sehen sich Anlagenbetreiber erheblichen Ungewissheiten gegenüber, wenn eine Novellierung des Ökostromgesetzes ausbleibt und damit auch die wirtschaftliche Abfallverwertung von biogenen Abfällen ebenso fraglich ist.

Mit „MobiGas“ wurde von Stefan Hinterberger ein Verfahren vorgestellt, mit dem biogene Abfälle mit hohen Trockenmassen (>25%) in mobilen Containern fermentiert werden können und nachgeschaltet hochwertiger Kompost als Nebenprodukt erzeugt werden kann. Eine komplette Anlage besteht aus einem Technikcontainer (Steuerungselemente, Generatormodul) und den benötigten 1-10 Fermentationscontainern. Somit kann jährlich eine Menge von 1.000-5.000 Tonnen an Bioabfällen verwertet werden. Das Containersystem soll es ermöglichen, auch in schwer zugänglichen Lagen eine Energie- und Humusproduktion zu erlauben und somit kurze Transportwege zu schaffen. Durch unterschiedliches Bioabfallaufkommen kann nach Jahreszeit die Auslastung schwanken, worauf mit einer Aktivierung oder Deaktivierung von Fermentationscontainern reagiert werden kann. Neben einer nachhaltigen Verwertung von Bioabfällen wird auch der Aufbau einer Humusschicht auf landwirtschaftlichen Nutzflächen angestrebt, was sowohl das Wasserrückhaltevermögen als auch die Nährstoffzufuhr- und Speicherkapazität erhöht. Dadurch kann ein verringerter Aufwand an Mineraldüngern erreicht werden, was den Aufwand an primären Energie- und Mineralressourcen verringern kann.

Mit dem darauffolgenden Vortrag von DI Klaus Pöttinger, dessen Unternehmen die dazugehörigen Container fertigt, wurde vermehrt auf das Filter- und Wasserspeicherpotential des Bodens hingewiesen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit dieser Ressource sichert nicht nur eine nachhaltige Produktion landwirtschaftlicher Güter, sondern auch eine Verringerung der Erosionen, wenn genügend organisches Material vorhanden ist. Angesichts der hohen Flächenversiegelung in Österreich wird dieser wertvolle Speicher immer weniger nutzbar. Gleichzeitig wird in der zunehmend intensivierten Landwirtschaft immer mehr organische Substanz abgeführt, was die Humusbilanz immer weiter abnehmen lässt und das Nährstoff- und Wasserhaltevermögen weiter negativ beeinflusst. Im Fall von extremen Niederschlägen kann das Oberflächenwasser damit nicht aufgenommen werden und es kommt zu Erosionen. Durch den Aufbau von Humusschichten bzw. der Zufuhr von Kompost können diese wichtigen Bodenfunktionen wieder hergestellt werden. Mit diesem System wurde ein Verfahren vorgestellt, das sowohl hochwertigen Kompost, als auch Biogas zur Energiegewinnung erzeugt..

Die Biologie von Abfallvergärungsanlagen und die daraus gemachten Erfahrungen und Auswirkungen wurden von DI Hermann Wenger-Oehn erläutert. Hochwertiges Biogas entsteht in der Fermentation während des Methanisierungsprozesses und ist in weiterer Folge sowohl thermisch als auch mittels Blockheizkraftwerk energetisch verwertbar. Um qualitativ einwandfreies und sauber verwertbares Biogas zu erzeugen, ist es jedoch notwendig, für die Biologie optimale Prozessbedingungen zu schaffen und zu erhalten. Dabei sind Faktoren wie die richtige Dimensionierung der Anlage, Fermentationsbedingungen (Beschickung, Durchmischung, Viskosität, Temperatur etc.), Rohstoffe und Spurenelementemangel (Ausfällungen) unbedingt zu beachten. Die den Prozess beeinflussenden Gase stehen immer in einem Gleichgewichtsverhältnis zu ihrer Form in der festen und flüssigen Phase. Ein zentraler Faktor für die Stabilität des Methanisierungsprozesses ist der pH-Wert. So kommt CO2 bei zunehmendem pH-Wert in Form von Hydrogencarbonat vor, das durch Querreaktionen stark prozessbeeinflussend wirkt. So beträgt dessen Konzentration bei pH 7 ca. 60mg/l, bei pH 8 jedoch schon 600mg/l. Für einen stabilen Ablauf der biologischen Verwertung sollte ein Wert von 400mg/l eingehalten bzw. nicht überschritten werden. Auch der Gehalt an Schwefelwasserstoff in der Gasphase nimmt bei steigendem pH-Wert zu. Erdalkalien und Spurenelemente werden dadurch ausgefällt und beeinflussen damit die Biologie. Schwankungen in der Gasbildung und -zusammensetzung sind die Folge. Ammoniakkonzentrationen steigen ebenfalls mit dem pH-Wert. Sie führen zu Reaktionsverlangsamung und Störungen des Ablaufs, was in einer erhöhten Akkumulation von Fettsäuren und Wasserstoff resultiert. Wasserstoff wiederum ist ein starkes Reduktionsmittel und geht Verbindungen mit Schwefel ein, die Belastungsschwankungen auslösen und bei der Gasaufbereitung zu massiven Problemen führen können. Besonders Schwefelwasserstoffgehalte ab 200 ppm greifen die Gasmembranen an und erzeugen Geruchsemmissionen. Die Zufuhr von 2-wertigem Eisen kann diesen Effekt puffern. Niedrige pH-Werte erzeugen dagegen flüchtige Kohlenwasserstoffe, die sowohl technische Probleme als auch Geruchsemmissionen verursachen können. Insgesamt handelt es sich bei der Abfallverwertung durch Biogaserzeugung um einen komplexen Prozess, der genauer Kontrolle und Einhaltung der Prozessbedingungen bedarf. Durch Zugabe von Eisen und Spurenelementen können Ungleichgewichte ausgeglichen und der Prozess stabilisiert werden.

Die Stabilität des Methanisierungsprozesses hat letztlich auch Auswirkungen auf die Zusammensetzung und Qualität des Gärprodukts. MSc Johannes Burmeister vom bayerischen Institut für ökologischen Landbau stellte in seinen Ausführungen den Einfluss von Düngerformen auf die Bodenfauna dar. Die dazugehörigen Daten wurden in mehrjährigen Versuchen mit mineralischer Düngung, Düngung mit Rindergülle und Düngung mit Gärprodukten erzeugt. Neben Milben- und Springschwanzkolonien bedeutet der Regenwurmbestand einen wichtigen Indikator für die Aktivität und Gesundheit des Bodenlebens. Diese Organismen spielen nicht nur eine große Rolle als Zersetzer, sie haben auch einen äußerst positiven Einfluss auf die Bodenstruktur. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Verwendung von Gärprodukten im Vergleich zu mineralischer Düngung einen deutlich positiven Einfluss auf das Bodenleben hat. Die positive Wirkung von Rindergülle wird jedoch nicht erreicht.

Die Verwendung von Gärprodukten als Dünger wirkt sich auch auf den Humusgehalt aus. Frau Dr. Eva Erhart von Bio Forschung Austria referierte über randomisierte zweijährige Feldversuche auf kalkhaltigem Tschernosem mit 4% Humusgehalt und Paratschernosem mit pH 5,9 und 2,1% Humus. Die Düngung von Gärprodukten hatte zwar keinen erheblichen Einfluss auf den pH-Wert der Böden, jedoch wurde die Menge verfügbaren Kaliums erheblich erhöht. Des Weiteren verbesserten sich durch die Düngung die Aggregatstabilität des Paratschernosem und damit seine physikalischen Eigenschaften. Das Ausbringen von Gärprodukten wirkt außerdem positiv auf die Humusbilanz und kann den Boden damit nachhaltig verbessern.

Im Rahmen der Exkursion wurden am nächsten Tag zwei Betriebe mit Abfallverwertungssystemen besucht. Die erste Anlage befand sich am Gartenbaubetrieb Drexler in 4963 Sankt Peter am Hart. Es wird eine MobiGas-Anlage verwendet und in Zusammenarbeit mit der Firma Pöttinger vor Ort Feinabstimmungen und Anpassungen des Systems unternommen. Momentan werden 3 Fermenter betrieben, wobei ein weiterer in Kürze in Betrieb genommen werden soll. Direkt bei unserer Ankunft konnten wir beim Befüllvorgang eines Containers dabei sein. Ein Fermentationscontainer beinhaltet neben guter Isolierung auch eine Heizung, um den Prozess bei Bedarf bei Temperatur zu halten. Ein Belüftungssystem sorgt beim Start des Fermentationsprozesses für ein rasches Erreichen der optimalen Temperatur. Nach höchstens 24 Stunden ist die Prozesstemperatur erreicht. Der Vergärungsprozess dauert 3 Wochen. Danach wird die Restmasse noch ca. 10 Wochen kompostiert und entweder verkauft, oder auf den eigenen Flächen weiterverwendet. Das Restwasser wird in einem Container gesammelt und zum Beimpfen des Biogassubstrats und der Kompostmieten benötigt.

Hohe Plastikanteile im Substrat gehen auf Fehlwurf in Biotonnen zurück und können nachträglich nur unter hohem Aufwand entfernt werden. Eine Vermeidung wird somit nur durch Bildungsarbeit und daraus resultierend durch richtige Trennung erreicht.

Das anfangs erzeugte methanfreie Gas wird gefiltert und in die Atmosphäre entlassen. Das darauf folgende Schwachgas wird schon für die Verwertung über das Blockheizkraftwerk genutzt. Der erreichte CH4-Gehalt im Hauptgas ist mit ca. 67% sehr hoch. Der für den Gasfluss erzeugte Druck wird nicht über Gebläse erzeugt, sondern entsteht nur durch die Biologie. Mit diesem System kann der Betrieb Drexler den erzeugten Strom in das Netz einspeisen und die Wärme für die Heizung seiner Glashäuser nutzen.

Im Technikcontainer befinden sich Überwachungs- und Kontrollinstrumente. Hier erfolgt auch die Umwandlung in elektrische Energie durch einen adaptierten Verbrennungsmotor. Der erzeugte Strom wird ins Netz eingespeist, die Wärme am Betrieb Draxler genutzt.

Das zweite Exkursionsziel war der Betrieb „Bioentsorgung Steinmassl“ in 4542 Nußbach. Hier werden Speisereste aus der Gastronomie verwertet. Das Einzugsgebiet erstreckt sich dabei über Teile der Steiermark, Salzburgs und Oberösterreichs. Durch zwei große Fermenter und 3 nachgeschaltete Motoren wird eine Stromleistung von 400 kW erzeugt, wovon 40 kW selbst für die Hühnerhaltung genutzt werden. Der Rest wird in das Stromnetz eingespeist. Die Speisereste werden in flüssiger Form angenommen und über einen Fettabscheider vorbereitet. Zu Beginn des Vorbereitungsprozesses werden die anfallenden Plastikteile vom Rohsubstrat weitgehend getrennt. Das getrennte Plastik und die am Ende resultierende Festmasse werden auf herkömmlichem Weg entsorgt.

Die Exkursion wurde von den Teilnehmern zum angeregten Austausch genutzt.

Insgesamt gab die Veranstaltung viel positiven Input zum Thema Bioabfallverwertung und zeigte das erhebliche Potential dieser Verwertungsmethode auf. Dadurch kann mit hoher Effizienz aus biogenen Abfällen emissionsarm Energie erzeugt werden, die z.B. in der thermischen Verwertung der Verwendung von Schadstofffiltern und damit zusätzlichem Abfallaufwand bedarf. Doch während diese Potentiale durch die sinnvolle Ressourcenverwendung ergänzt werden, steht diese Form der Energiegewinnung ökonomischen Hemmnissen gegenüber. In Zeiten immer höheren Energieaufwands und sich vermehrenden klimatischen Problemen muss Verantwortung über die Verwendung von Ressourcen und deren Einfluss auf die Umwelt übernommen werden. Um dieses Potential voll nutzen zu können, müssen Rahmenbedingungen geschaffen bzw. erhalten werden, die diese nachhaltige Form der Energieerzeugung fördern.

Wie in den vorangegangenen Veranstaltungen zum Thema Biogas fand ein reger Gedankenaustausch statt. Die Schwierigkeit der momentanen Situation der Abfallverwerter wurde der sehr sinnvollen und nachhaltigen Form der Energieerzeugung gegenübergestellt.

Einen herzlichen Dank an alle Anwesenden und Beteiligten, und an die Bezirksbauernkammer Wels, die die genutzten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat!

Bericht: DI Daniel Fink, ÖKL