Biogas Spezialberater/-innen, Modul Erfahrungsaustausch

13. und 14. Oktober 2014 in der Landwirtschaftskammer in Linz

Das Seminar hatte „Biogasanlagen als Systemdienstleister“ zum Inhalt und weckte so viel Interesse, dass am Tagungsort, der Landwirtschaftskammer ÖO in Linz, kurzfristig ein größerer Saal gemietet werden musste. Mit dem gewählten Thema ist gemeint, dass die Biogasanlagendazu beitragen können, einerseits den wechselnden Bedarf und –mehr noch- anderseits die unterschiedliche Stromaufbringung auszugleichen: Die Stromproduktion wird vorab an den geschätzten Strombedarf angepasst. Da Strom praktisch nicht gespeichert werden kann, muss die Produktion genau dem Verbrauch entsprechen. Kommt es zu einer Abweichung (z.B. ein Kraftwerk fällt aus), muss die Differenz physisch ausgeglichen werden. Weniger vorhersehbar ist die Aufbringung bei bestimmten „Erneuerbaren“, denn wenn z.B. auf die in Österreich mit mittlerem Wind laufenden Räder eine zusätzliche Windfront trifft, deren Eintreffen nicht genau vorhergesagt werden kann, stehen binnen kurzer Zeit 2000 MW Leistung (etwa die Gesamtleistung aller Donaukraftwerke in Österreich) zusätzlich zur Verfügung, die als Erneuerbare bevorzugt untergebracht werden sollen! Ob ein physischer Ausgleich der Über- oder Unterproduktion notwendig ist, wird über die „Qualität“ des Stromes gemessen. Hier ist  eine Frequenz von 50 Hertz einzuhalten (diese steht im direkten Zusammenhang mit der Leistung: Ein  Hertz mehr bedeutet nicht nur zwei Prozent   mehr Leistung, sondern vor allem, dass ein hochsensibles System – mit Computern, …, außer Takt gerät.) Bereits bei nur 0,2 Hertz Abweichung wird zum Ausgleich sog. Regelenergie notwendig, wobei hier – abhängig von der Zeit (Minuten, Viertel- und halbe, ganze, mehrere Stunden reagiert werden muss – naturgemäß unterschiedliche Preise bezahlt werden: je kurzfristiger, desto höhere Marktpreise sind realisierbar. Grundsätzlich gibt es die positive Regelleistung, bei der die Stromproduktion gesteigert wird und die negative Regelleistung, bei der die Stromproduktion gedrosselt bzw. Verbraucher zusätzlich „eingeschaltet“ werden. Im Seminar war auch von negativer Regelenergie die Rede – der mehr oder weniger kurzfristige Abbruch des Strombezuges von Seiten des Abnehmers – was naturgemäß auch zu bezahlen ist.

Hier schließt sich der Kreis und es kommen die Biogasanlagen mit ihrer relativ konstanten, vorhersehbaren Leistung ins Spiel, sogar im Bereich negativer Regelenergie. Bisher galt als ideal, wenn die Anlage bis auf wenige Wartungsstunden 365 Tage im Jahr läuft. Dafür wird ein fester, relativ niedriger (übrigens auch absolut nur selten kostendeckender) Preis pro Kilowattstunde von der OeMAG bezahlt, das seinerseits die Strommenge an die österreichischen Energieversorger gleichmäßig verteilt. In Deutschland setzt sich ein anderes Konzept derzeit durch: die Vermarktung des Ökostromes direkt an Energieversorger. Im Falle der Regelenergie geschieht daher die Vermarktung auch direkt – es fiel der Begriff „Ab Hof“- und nach Bedarf und je kurzfristiger sie zur Verfügung gestellt wird (oder im Falle negativer Regelenergie abgestellt wird) desto besser ist der für den später wiederum gelieferten Strom der Preis. Wenn die Biogasanlage künftig besser bezahlte Regelenergie liefern soll, können Investitionskosten für die damit verbundene Umstellung notwendig werden. So muss das weitgehend gleichmäßig anfallende Gas in eventuell größeren Speichern bevorratet werden, damit es nur noch zu bestimmten Zeiten auf Abruf im Gasmotor abgearbeitet wird. In Deutschland werden dafür auch oftmals zusätzliche BHKWs angeschafft. Läuft er nur noch die halbe Zeit, ist also ist ein doppelt so großer Motor und Generator notwendig. Soweit wird selten gegangen, denn der Start-Stop-Betrieb kann die Lebensdauer des Motors verkürzen. Durch die Kühlwasservorwärmung wird dieser Effekt nicht völlig verhindert. Die Alternative ist das Dazustellen eines zweiten Aggregates; auch mit Rücksicht darauf, dass die anfallende Abwärme auch dementsprechend abgepuffert werden muss. Ein neuer und größerer Motor kann mit verminderter Leistung und dennoch  nur unwesentlich vermindertem Wirkungsgrad laufen. Vieles ist beim wechselnden Betrieb mit dann erhöhter Leistung zu beachten – die auf eine Gasmenge abgestimmte Kühlstrecke würde vom Gas mit höherer Geschwindigkeit durchflossen und der Rohrquerschnitt ist eventuell unterdimensioniert, desgleichen der Transformator. Unabhängig von der Laufzeit gilt: ein Wirkungsgradverlust von 3% bei einer Anlage mit 500 kW (39 auf 36%) bedingt einen zusätzlichen Flächenbedarf von 17 ha Mais. Je nach Preis und Erntekosten können bis zu 30.000 € im Jahr eingespart werden.

Die Exkursion führte zu zwei Anlagen nach Niederbayern, nordwestlich von Altötting:

Ein Betrieb hält auf der – mit Zupacht – 160 ha großen Fläche75 Milchkühe mit Nachzucht. Nur etwa 27 ha sind Dauergrünland, auf den übrigen fast pfluglos bewirtschafteten Flächen steht Mais, Roggen, Erbse und Wicke. Der Motor (M.A.N., 360 kW) lief bislang, abgesehen von nur 20 Stunden zur Wartung pro Jahr ununterbrochen Er steht vor der Umstellung auf Regelenergielieferung  und erwärmt mit der Abwärme den Stall mit 40000 Masthühnern. Der Betriebsführer lobte die verbesserte Düngewirkung von Biogas-Gülle.

Am zweiten Betrieb liefern 1000 Mastschweine nebst 400 Ferkeln zusammen mit nicht verfüttertem, direkt geerntetem Mais und GPS-Triticale das Substrat für den neuen 250 kW –Generator, der künftig Regelenergie aufbringt und ein (der Landwirt: „in den Vorruhestand geschicktes“) Aggregat von 190 kW ersetzt. Ein größeres und stärker in der Leistung wäre nicht sinnvoll, denn mit der Abwärme – die im Winter immer zur Verfügung stehen muss – wird ein kleines Dorf mit Fernwärme versorgt. Zurzeit wird die Maistrocknung mit versorgt. „Nicht unter 1000 € müsse man schon bieten“, möchte man ein Pachtangebot legen.

Beim ÖKL-Biogas-Seminar war unter den acht Referenten die Stromregulierungsbehörde ebenso vertreten wie die Abwicklungsstelle für Ökostrom und die Wirtschaftskammer OÖ; desgleichen ein Energieversorger, der durch den Zusammenschluss mehrerer Biogasanlagen Regelenergie anbieten möchte. Weniger mit Betriebswirtschaft, denn mit Technik befassten sich die Hersteller von Gasmotoren und -seichern.

Das Seminar wurde in Zusammenarbeit mit der ARGE Kompost & Biogas Österreich und der Hochschule für Agrar-und Umweltpädagogik veranstaltet, diente der Fortbildung für Biogasberater.