ÖKL-Kolloquium 2009 Bericht

Die Maschinen – der Hauptkostenfaktor im Ackerbau

19. November 2009, LK Niederösterreich, St. Pölten

Mit der Landwirtschaftskammer Niederösterreich als Tagungsort war offenbar eine gute Wahl getroffen worden, denn trotz idealem “Pflugwetter“ – über den Pflug versus Verzicht auf diesen zur Kostensenkung sollte mehrmals geredet werden – waren 100 interessierte Personen, auch Praktiker, darunter auch aus Bayern, gekommen. Um es vorwegzunehmen: Das „Patentrezept“ zur Kostensenkung blieb erwartungsgemäß aus, aber es wurden Möglichkeiten dazu gezeigt.

Zur Begrüßung sprach in seiner Funktion als Obmann-Stellvertreter des ÖKL, aber auch als Obmann des Fachverbandes Industrie, Herr KommR Dr. Malina-Altzinger von den Reform-Werken Wels. Sich ändernde Agrarpreise beeinflussen das Kaufverhalten der Betriebe; die größte Kontinuität sprach Malina-Altzinger während der gegenwärtigen Wirtschaftskrise den bäuerIichen Familienbetrieben zu.

MR DI Franz Paller, ebenfalls Obmann-Stellvertreter, begrüßte vor allem als Vertreter des Landwirtschaftsministeriums und stimmte auf die ÖKL-Richtwerte ein, indem er auf deren Bedeutung als Grundlage in technischer Hinsicht für die Deckungsbeitragskalkulationen erläuterte.

Kammerdirektor DI Franz Raab verwies in seiner Begrüßung auf die enge Zusammenarbeit mit dem ÖKL und darauf, dass in Österreich Verarbeitungskapazitäten für über 200.000 ha Stärke, Biogas und Rapsöl aufgebaut wurden, was in dieser kritischen Phase zur Marktentlastung beiträgt.

Das Thema „Kostensenkung“ sollte aus Sicht des ÖKL auch dessen „Richtwerte“ transportieren. Sie entstanden vor fast fünfzig Jahren, weil zunehmend Maschinen in der Nachbarschaftshilfe – auch über Vermittlung der um diese Zeit entstehenden ersten Maschinenringe – eingesetzt wurden. Eine objektive Basis zur Abrechnung wurde notwendig. Auch kamen ab dieser Zeit Maschinen wie z.B. Mähdrescher oder Rübenroder zum Einsatz, die sich meist nur überbetrieblich amortisieren. Das Rechenschema, das den Wertverlust als einen der Faktoren für die fixen Kosten ebenso berücksichtigt wie die Reparaturen als typischen Faktor der variablen Kosten, geht auf Professor Rehrl, „den“ Landtechniker der BOKU, zurück. Einer der wesentlichen Bearbeiter der Richtwerte, Dr. Franz Kogler, ging im Vortrag auch auf Details wie die der unterstellten Zinsen – sie unterscheiden sich derzeit doch von jenen auf der Bank – ein, diese müssten aber wie jede sinnvolle Investition langfristig gesehen werden. „Langfristig“ ist auch das Geld gebunden, wenn die Hoftankanlage befüllt wird; rechnet man die Abschreibung einer vorschriftsmäßigen Anlage hinzu, ist man annähernd beim Pumpenabgabepreis, mit dem die Richtwerte operieren. Neben der ursprünglichen Bedeutung rückt immer mehr jene für die Sozialversicherung der Bauern in den Mittelpunkt: Diese ist auf Beiträge der immer weniger werdenden Bauern angewiesen und daher geneigt, möglichst viele Leistungen sozialversicherungspflichtig zu machen. Vereinfacht gesagt, kann dies nur für Leistungen (mit Maschinen) gelten, die nicht in den Richtwerten angeführt sind oder höher als in diesen kalkuliert verrechnet werden. Daher gibt es sogar Werte für Wegzeiten oder auch für das Bindegarn.

Als „Lebenselixier“ bezeichnete der Landesgeschäftsführer Ing. Helmut Scherzer des umsatzstärksten Maschinenringes OÖ die Richtwerte, und als solche können sie auch gelten bei einem Verrechnungswert von 140 Millionen Euro! Er wird erreicht mit einer Mitgliederdichte von ca. 56 % – bezogen auf die „real wirtschaftenden“ Bauern, die also einen Mehrfachantrag abgeben. Die geforderte Ausgewogenheit besteht, wie die öfter an das ÖKL herangetragenen „Forderungen“ zeigen: Der Auftragnehmer meint, er könne auch etwas mehr verdienen; der Auftraggeber meint wiederum, dass ein geringfügig höherer Tarif die Wirtschaftlichkeit der Auslagerung in Frage stelle.

Auf eine neue Basis wurden die „Entschädigungssätze“ gemäß DI Gregor Albisser-Vögeli in der Schweiz gestellt, „unpolitisch“ wie jene von KTBL und ÖKL sollten sie ohnehin bleiben, aber nicht länger sollten sie „pädagogisch“(sic!) sein: „Bei angenommenen 650 Stunden kostet ein Traktor immer noch ziemlich viel – aber wie weit weg davon und daher wieviel teurer bist Du daher mit Deiner (viel niedrigeren) Auslastung?“ Das Rechenverfahren berücksichtigt neuerdings einen Restwert. Insgesamt kommt man jetzt den ÖKL-Werten näher, was auch ein Ergebnis von hunderten beantworteten Fragebögen war. Als wichtiger Faktor waren die Maschinenpreise erhoben worden. Diese lagen jedenfalls vor zwei Jahren in der Schweiz um 18 % über jenen in Deutschland und Frankreich, aber nur um 0,8 % über jenen in Österreich … als Grund wird das dichtere Händlernetz angegeben.

Den Spagat zwischen leistungsabhängiger und zeitabhängiger Abschreibung suchte Dr. Norbert Sauer vom KTBL aufzulösen, indem er einen Gewichtungsfaktor entwickelte, der den Wertverzehr durch Verschleiß und Überalterung gleichermaßen widerspiegelt. Bei jeweils halber Gewichtung können die Kosten pro Leistungseinheit – letztlich die Stückkosten – besonders bei niedriger Auslastung realistisch errechnet werden. Einen Grund für „Überkapazitäten“ sieht er in der bereitgestellten Schlagkraft. In den neuen Bundesländern überwiegt die gezogene Technik, im Westen sind die Kreiseleggen weiter verbreitet.

Das größte Potential für die Rationalisierung im Ackerbau sah DI C.F. Amelung, privater Betriebsberater aus Göttingen/D, in einer Senkung der Arbeitserledigungskosten, denn “die Preisparty ist vorbei“. Erwartungsgemäß haben es größere Betriebe leichter, diese gering zu halten, wenngleich auch kleinere Betriebe effizient arbeiten können. Im Zuge der Diskussion um die Frage, wie die idealen großen Schläge in Österreich „durchsetzbar“ seien, konzedierte er, dass die relativ höheren, wenngleich modulierten Prämien für Umweltleistungen die Grenzen der Wirtschaftlichkeit zu den kleineren Betrieben verschiebe. Hie wie dort sind die Stundenlöhne gestiegen, bezogen auf die Fläche aber gefallen: Das ist nur möglich, weil größere und teurere Maschinen angeschafft wurden. Amelung forderte im Zusammenhang mit der Kostensenkung, dass man sich nicht zum „Versuchsbetrieb mit Sondertechnik“ machen und die Zahl der Fabrikate auf dem Hof niedrig halten solle. Einen bedeutenden Faktor stellt für ihn der (je nach Fabrikat unterschiedliche) Treibstoffverbrauch dar. Letzterer fällt auch für weitere Transporte über größere Entfernungen ins Gewicht; der LKW ist hier effizienter.

Mag. Wolfgang Dobritzhofer der LK NÖ umriss die Abgrenzung von Tätigkeiten im Rahmen der Landwirtschaft zum Gewerbe; diese ist „komplex“ und der VGH trifft dazu nicht immer präzise Aussagen. Allerdings: Wenn der Anteil, der „über die Urproduktion hinausgeht, einmal 49 % beträgt, kann von Geringfügigkeit nicht mehr die Rede sein“, auch nicht von einer Baumaschine als landwirtschaftlichem Betriebsmittel. Erfolgreiches Lobbying ist, wenn ein Landwirt nur dann eine Fernwärmeversorgung errichten darf, wenn nicht schon ein leitungsgebundener Energieträger außer Strom vorhanden ist.

Als minimalistisch könnte man die Maschinenausstattung auf dem Großbetrieb von DI Hans-Gregor Koller im Weinviertel bezeichnen. Nur zwei 90 kW-Traktoren sind für ca. 500 ha Ackerfläche und Wald vorhanden. Sie laufen teilweise im Schichtbetrieb über 1800 Stunden im Jahr. Es stellt für die Nachbarn einen ungewohnten Anblick dar, wenn der Kurzgrubber je nach Zugwiderstand oder geforderter Arbeitsgeschwindigkeit im eingeklappten Zustand gefahren wird … Mitunter wird Leistung zugekauft, und das Dreschen und Roden ist ohnehin ausgelagert.

Die Referate von DI Martin Bäck und DI Harald Schally von der LK OÖ und LK NÖ zeigen für die ausgewerteten Betriebe der Arbeitskreise folgendes: Die Anschaffungskosten der einen Gruppe betragen pro Hektar 1.860 Euro, jene der „höchsten“ Gruppe 5.560 Euro, der Mittelwert beträgt 3.510 Euro. Auch hier wurde deutlich, dass nicht nur Größe ein Kriterium für die Wirtschaftlichkeit im Ackerbau ist. 60 % der Fixkosten für die Mechanisierung (bei Betrieben ohne Mähdrescher) entfallen auf den Traktor, von Schally an anderer Stelle als „heilige Kuh“ bezeichnet. Das „bessere“ Viertel erwirtschaftet um 365 Euro pro Hektar mehr als das „teurer“ wirtschaftende. Mit steigender Fläche nehmen die Traktorstunden gemäß einer Erhebung erwartungsgemäß ab, desgleichen der kW-Besatz. Entwaffnend das zitierte Argument eines Betriebsführers mit Luxusmechanisierung, der diese mit dem Ertrag seines Heurigen querfinanziert: Das leiste er sich halt…

Das Kolloquium hat die Erwartungen voll erfüllt; es gab auch am späten Nachmittag keine „Besuchererosion“; schon während der Veranstaltung vergewisserten sich die Zuhörer, dass die Beiträge auf die Homepage des ÖKL gestellt werden.

Gebhard Aschenbrenner, ÖKL