Kolloquium 2012: Bericht Gebhard Aschenbrenner

Erfolgreiches ÖKL-Kolloquium
21. November 2012, St. Pölten, LK NÖ

Sicherheit in der Landtechnik
Von Praktikern, Firmenvertretern, Lehrern und Beratern gleichermaßen besucht war das diesjährige landtechnische Kolloquium Sicherheit in der Landtechnik des ÖKL in der Landwirtschaftskammer NÖ in St. Pölten. Deren stellvertretender Kammedirektor Dr. Martin Jilch meinte in der Begrüßung, dass bereits ein einziger durch die Veranstaltung verhinderter Unfall diese wert sei. Der Obmann des ÖKL, DI Dworzak schloss sich mit Eindrücken von der derzeit laufenden Rübenabfuhr an: Nicht nur bei Nebel und Finsternis ist mit den schweren Gespannen Vorsicht geboten, auch bei Fahrten durch ein Dorf können Kinder über die Straße laufen.

Dr. Elisabeth Quendler (Institut für Landtechnik der BOKU) ging in ihrem Vortrag auf die häufigste Unfallursache ein: das Auf-und Absteigen bei Traktoren. Überaschend: Wenn dies vorwärts z.B. infolge von wenig Platz in der Kabine zum Umdrehen geschieht, ist das Risiko auch nicht höher. Die mittleren Unfallkosten belaufen sich auf 11.300 Euro. Schlicht, aber passend war der Hinweis einer Bäuerin, wonach gutes Schuhwerk ebenfalls zur Sicherheit beim Auf-und Absteigen beiträgt.

HR DI Hönig von der NÖ Landesregierung erklärte den ‘Konflikt’ der Hersteller: Sie produzieren Fahrzeuge für den Einsatz vornehmlich abseits befestigter Flächen, Fahrten und Transporte auf Straßen sind aber ebenso notwendig. Jüngst fand vor einer Zuckerfabrik eine Überprüfung der Gespanne statt: Selbst die Tatsache, dass die Traktoren eher neu waren, änderte nichts daran, dass etwa ein Drittel nicht den Vorschriften entsprach – noch schlechter war die Quote bei den Anhängern. Es wurden auch Kenzeichen abgenommen! Hönig rief in Erinnerung: Es ist dem Lenker ‘zumutbar’, sich vom sicheren Zustand eines Fahrzeuges zu überzeugen; der Zulassungsbesitzer ‘muss’ dafür zu sorgen. Da die Landwirte fast immer beide Funktionen erfüllen, sind doppelte Konsequenzen bei einer Nachlässigkeit möglich … Hönig entgegnete der von einem Teilnehmer spontan erhobenen Forderung nach Abschaffung des 10 Km/h Anhänger, dass dieser in vielen Fällen immer noch sinnvoll sei.

DI Schauer vom deutschen Maschinenbauverband VDMA ging rückblickend auf die Zahl der bei Traktorstürzen tödlich Verunfallten seit Einführung der geprüften Rahmen und später der Kabinen ein, die auf einen Bruchteil zurückgegangen ist. Interessant: Er schätzt die Zahl der real eingesetzten Traktoren in Deutschland auf 300.000, bei einem Bestand von 1,7 Mio.! Ein von einem Hersteller vorgestellter Smart Key ermöglicht es, den Traktor hinsichtlich seiner Geschwindigkeit stufenweise an die Qualifikation des Fahrers anzupassen. (Dass ein 16 jähriger ein 40t Gespann zwar lenken darf, aber es selbst bei 25km/h nicht unbedingt wirklich beherrscht, war schon zuvor diskutiert worden). In Deutschland haben Lohnunternehmer und Maschinenringe einen Verhaltenskodex für Traktorfahrer verfasst. Der Tenor: Man darf Manches, sollte aber die Geduld von nachfahrenden Autofahrern nicht überstrapazieren und von Zeit zu Zeit freiwillig ausweichen.

Plakativ begann Ing. Schagerl von der SVB seinen Vortrag: Sicher ist ein Traktor in der Garage. Tatsache ist, dass 80% der Unfälle vom Menschen herbeigeführt werden, erst der Rest ist technisch bedingt. Die CE-Konformitätserklärung sieht er mitunter mit ‘China Export’ zu übersetzen, mit allen sicherheitstechnischen Konsequenzen. Als ‘gefährliche Maschine’ ist z.B. eine Kreissäge einzustufen.

Dies leitete über zum Referat von DI Gruber, Forstexperte der LK NÖ, der vor allem auf den sicheren Umgang mit der Motorsäge einging, mit der immer noch 55% des Einschlages erfolgen. Animierte Präsentationen veranschaulichten die jeweiligen Fälltechniken im Starkholz, bei Vor-, Rück- und Seithängern. Absolut lebensgefährlich ist es, Aufhänger durch Umschneiden des diesen unterstützenden Baumes zu Fall zu bringen und kaum minder gefährlich durch Darüberwerfen eines Anderen. Am sichersten ist das Abziehen mit einer Seilwinde, wobei der Aufenthalt im Bereich im (inneren) Winkel des durch eine Rolle umgelenkten Seiles verboten ist.

DI Brauneis, SVB, besprach das dreifache Schutzkonzept gegen den elektrischen Schlag: Der Basisschutz besteht durch die Erdung, die Nullung bildet die zweite Ebene. Dennoch sind immer noch Gefahren möglich, die der sog. FI- (Fehlerstrom)-Schutz erkennt. Brauneis lieferte auch die Erklärung, warum der Schalter regelmäßig betätigt bzw. ausgelöst werden soll: Mit der Zeit kann der empfindliche Mechanismus magnetisch verkleben.

Die BLT-Wieselburg ist dafür zertifiziert, Taktorkabinen zu prüfen. Gemäß DI Luger wird hydraulisch Druck auf die Kabine ausgeübt und geprüft, ob der normierte Schutzraum für den Fahrer erhalten bleibt. Die Wünsche der Designer nach schmalen Holmen und der Konstrukteure nach wenig Materialeinsatz können dazu führen, dass eine Kabine eben noch den Test besteht, eine 12-mm Bohrung für ein Kabel die Struktur im Nachhinein jedoch bereits an die Grenze führt. Dächer werden z.T. aus Kunststoff gefertigt, womit bei der Prüfung die Norm-Temperatur einzuhalten ist. Der in Diskussion befindliche Beckengurt am Traktor schützt geben das Herausschleudern aus der Kabine, verursacht aber beim Frontalaufprall innere Verletzungen.

Bemerkenswert ist der Komfort moderner Transporter (auch wenn sie nach dem Gesetz als Motorkarren bezeichnet werden) und der mit dem eines VW Tuareg vergleichbar ist. Optimal ist am Traktor die Kombination gefederte Vorderachse sowie ebensolche Kabine und gefederter Sitz. Hier wiederum gibt es die Steigerung mechanisch bis zur aktiven Federung, bei der eine Elektronik den Sitz hydraulisch absolut in einer Ebene hält, wie DI Nadlinger, ebenfalls von der BLT-Wieselburg, ausführte. In internationalen Gremien, in denen Vertreter aus China mitarbeiten, sind die Vorstellungen über den hinreichenden Schutz von Fahrern im Sinne von Arbeitnehmern divergent Σ Von Zeit zu Zeit soll der Fahrersitz auf seine Funktion (Lager, Federn, Stoßdämpfer) überprüft werden.

Traditionsgemäß kommt zum Schluss eines ÖKL-Kolloquiums ein Praktiker zu Wort: Herr Johann Fitzka erlitt eine Querschnittslähmung, als sich am Traktor durch Anstoßen am Steuerhebel die Hydraulik unabsichtlich senkte und er unter eine Sämaschine geriet. In enger Zusammenarbeit mit der SVB wurde der ≠FergusonŒ mir einer Hebebühne für den Rollstuhl adaptiert, sodass Fitzka ohne jede fremde Hilfe auf- und absteigen kann. Die Kupplung wird ebenso wie die (Lenk-)bremse durch Handhebel betätigt, die Drehzahl durch einen Ring innerhalb des Lenkrades.

Auf die menschliche Dimension dieses Beispiels eines Landwirtes, der trotz seines Schicksals, das er durch die Technik erlitt, dessen Folgen aber durch die Technik abgemildert worden sind, zu einer sichtbar positiven Lebenseinstellung gefunden hat, baute der Obmann des ÖKL seine Schlussrede auf. Die Moderation der Vorträge hatte er sich mit dem Obmann des ÖKL-Landmaschinen-Arbeitskreises, DI Michael Deimel (LK NÖ) geteilt.

(DI Gebhard Aschenbrenner)