BERICHT Feldspritzen effizient und umweltgerecht einsetzen
ÖKL Praxisseminar: Feldspritzen effizient und umweltgerecht einsetzen
Am 31. Mai fand an der BOKU-Versuchswirtschaft in Groß-Enzersdorf wieder das beliebte ÖKL-Seminar zum Thema Feldspritzeneinsatz statt. 30 Teilnehmer folgten der Einladung zu spannenden Vorträgen und praktischen Versuchen.
Wie in den Jahren 2014 und 2016 wurde das dritte ÖKL-Feldspritzen-Seminar auch heuer wieder in Zusammenarbeit mit der LK Niederösterreich an der BOKU-Versuchswirtschaft in Groß-Enzersdorf abgehalten. Wie schon zuvor war das Interesse an der Veranstaltung sehr groß. Die Teilnahme wurde im Ausmaß von 3 Stunden als Weiterbildung für den Pflanzenschutz-Sachkundeausweis von der LK Niederösterreich anerkannt. Als routinierte Referenten wurden Ing. Roman Hauer der Bildunswerkstatt Mold und Hans-Werner Heidemann der DEULA in Nienburg, Deutschland, eingeladen.
Nach der Eröffnung durch Dr. Helmut Wagentristl der BOKU startete Herr Ing. Hauer mit einem Vortrag über die wiederkehrenden Überprüfungen von in Gebrauch befindlichen Feldspritzen. Gemäß der EU Richtlinie 2009/128EG sind diese Überprüfungen verpflichtend. Seit November 2016 gelten gesetzliche Mindeststandards zur Geräteinstandhaltung. Herr Hauer umspannte daher sowohl die rechtlichen Bestimmungen, als auch die Prüfkriterien und Anforderungen an die Gerätetechnik. Allgemein wird vorausgesetzt, dass Gelenkwelle, Leitungen, Rahmen und Gestängearretierung in einwandfreiem Zustand sind. Natürlich muss auch die Pumpe dicht sein, die erforderliche Leistung für das Gerät aufweisen und konstanten Arbeitsdruck halten (max. 10% Drucksteigerung durch Pulsationen). Eine Vorrichtung zum Druckausgleich soll Über- und Unterdrücke verhindern und muss auf jedem Gerät vorhanden sein. Auch eine Behälterentleerung samt Auffangbehälter muss vorhanden und funktionstüchtig sein. Manometer müssen frostfrei gelagert werden. Im Falle von Frosteinwirkung kann es sonst zu Beschädigungen kommen. Ein schadhaftes Manometer ist daran zu erkennen, dass es in druckfreiem Zustand konstanten Druck anzeigt. Außerdem hat der Besitzer darauf zu achten, dass Schläuche und Leitungen dem maximal erreichbaren Druck (max. 10 bar) standhalten müssen. Generell gilt: Jede Armatur und jedes Aggregat, jede Vorrichtung bis hin zu den beiden Sicherungsketten am Gelenkwellenschutz, die an dem Gerät angebracht ist, muss in einwandfreiem Zustand sein und funktionieren. Bei den Überprüfungen wird das Gerät genau begutachtet! Der zuständige Kontrolleur stellt in jedem Fall einen Prüfbericht aus, der für 5 Jahre aufbewahrt werden muss. Verläuft die Überprüfung positiv, wird eine Prüfplakette auf dem Gerät angebracht. Achtung: ab 26.11.2016 dürfen prüfpflichtige Pflanzenschutzgeräte nur in Betrieb genommen werden, wenn an ihnen eine gültige Plakette angebracht ist!!! Falls Sie ein gebrauchtes Gerät kaufen wollen, achten Sie daher unbedingt auf das Vorhandensein der Plakette!
Nach einer kurzen Vorstellung der international aktiven Beraterfirma DEULA Nienburg ging der Vortragende Hans-Werner Heidemann unmittelbar zur Sicherheit beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln über. Geschickt kombinierte Herr Heidemann die aufgelockerte Stimmung im Freien mit einigen Tipps und Empfehlungen. Den Teilnehmern wurde nahegelegt, sich gut gegen Kontaminationen zu schützen! Ein direkter Kontakt zu Pflanzenschutzmitteln wird oft nicht allzu ernst genommen. Häufig wischt man den Tropfen auf der Haut weg und damit glaubt man ausreichend schnell reagiert zu haben. Die Haut ist jedoch das Organ mit der größten Oberfläche und nimmt Stoffe aus der Umwelt auf. So gelangen die Wirkstoffe, die eigentlich in verdünnter Form ein Insekt oder eine Pflanze schädigen sollen, in hohen Konzentrationen in den menschlichen Körper!
Gelangt ein Pflanzenschutzmittel auf die Kleidung, muss sie so schnell wie möglich gewechselt werden. Andernfalls hat der Wirkstoff permanent Kontakt zur Haut und wird somit aufgenommen (ÖKL).
Nur angemessene Schutzleidung kann ausreichend vor Kontaminationen schützen (ÖKL).
Die Folgen daraus sind oft nur schwer abzuschätzen. Durch die zeitlich versetzte Wirkung werden sie auch oft nicht mit der Kontamination in Verbindung gebracht. Ein sehr eindrucksvolles Beispiel brachte Herr Heidemann anhand eines Berufskollegen. Dieser hatte auf eine Schutzbrille verzichtet und den konzentrierten Wirkstoff in die Augen bekommen. Trotz zahlreicher Operationen erblindete er! Entsprechende Schutzausrüstung ist also ungemein wichtig und unbedingt zu verwenden. Chemiebeständige Handschuhe sowie wasserabweisende Anzüge sind empfehlenswert. Auch im Inneren des Traktors sollte sich der Landwirt vor den Dämpfen schützen. Dazu werden Aktivkohlefilter im Lüftungssystem eingesetzt. Sobald der Geruch des Wirkstoffs jedoch wieder wahrnehmbar wird, sollen die Filter ausgetauscht werden. Das Ausblasen der Filter reicht nicht aus, um sie wieder zu verwenden! Aktivkohle bindet durch Ladungsunterschiede die Schadstoffe an der Oberfläche und gibt sie auch nicht mehr frei! Somit können ausgeblasene Filter keine weiteren Schadstoffmoleküle aufnehmen und zeigen keine Wirkung.
Hinsichtlich der Verteilgenauigkeit im Bestand kommt nicht nur der richtigen Düsenwahl, sondern auch der Gestängebauart erhebliche Bedeutung zu. Durch leichte Unebenheiten im Feld schwingt das Gestänge in vertikaler und horizontaler Richtung. Vertikales Nachschwingen führt unmittelbar zu Veränderungen im Überlappungsverhältnis und somit zu ungleichmäßiger Verteilung des Wirkstoffes. Horizontales Nachschwingen wird oft vom Fahrer gar nicht wahrgenommen, hat aber große Auswirkungen auf die Wirkstoffverteilung. Schwingt das Gestänge vor und zurück, so kommt es beim Richtungswechsel zum Stillstand und daher zu starker Überdosierung. Dagegen ist die Geschwindigkeit zwischen den beiden Ruhepunkten stark erhöht, was zu einer Unterdosierung führt. Die Schwankungen in der Dosierung können dabei zwischen 70 und 1300 l/ha liegen! In seinem Vortrag zeigte Herr Heidemann die Auswirkungen dieser horizontalen Bewegung anhand eines Bestandes, der mit AHL behandelt wurde. Der Bestand wies einen deutlich welligen Verlauf in der Wuchshöhe auf. Diese Über- und Unterdosierung ist auf die horizontale Bewegung des Gestänges zurückzuführen. Ähnliche Resultate kann man bei der Anwendung von Wachstumsreglern beobachten. Besonders heikel sind diese hohen Konzentrationsschwankungen jedoch bei Resistenzbildungen! Pilze wie Unkräuter weisen oft hohe Vermehrungsraten und damit auch eine hohe Anpassungsfähigkeit auf. Bei richtiger Wirkstoffwahl und Aufwandmenge kann die Ausbreitung gut kontrolliert werden. Wird die Aufwandmenge jedoch unterschritten, so kann es durch die hohe Anpassungsfähigkeit zur Resistenzbildung kommen! Ein gut gebautes Gestänge sollte daher nur geringste Schwingbewegungen in der vertikalen und horizontalen Ebene aufweisen und gut gewartet werden! Auch bei der Anfahrt kann es zu Dosierungsschwankungen kommen. Speziell bei elektronisch unterstützten Systemen ist die Kommunikation zwischen Traktor und Gerät oft verzögert. Wird die Schaltung von Teilbreiten durch Elektrostellmotoren übernommen, kann eine Nachjustierung mitunter einige Sekunden dauern. In dieser Zeit wird bereits eine Fahrstrecke zurückgelegt, auf der es zu Schwankungen der Dosierung kommen kann. In diesem Fall wäre es empfehlenswert, ein Gleichdruckregelung zu benutzen.
Zu den erheblichen Fehlerquellen, die durch den Landwirt vermieden werden können, zählt auf jeden Fall eine ordnungsgemäße Reinigung des Geräts. Erfolgt sie unsachgemäß, werden Restmengen im System in die nachfolgende Kultur mitgenommen und dort ausgebracht. Oft können sich bereits geringe Mengen eines ungeeigneten Mittels fatal auf den Bestand auswirken und ihn erheblich beschädigen. Auch Filter und Düsen können Reste von Wirkstoffen enthalten. Eine Kontrolle bzw. Reinigung ist daher unbedingt notwendig!
Die Abdrift, verursacht durch Wind und Thermik, stellt eine Herausforderung für den Landwirt und eine häufige Fehlerquelle dar. Während zwar die Benetzungsqualität bei hohem Druck durch die Bildung feiner Tropfen steigt, verschlechtert sich aber gleichzeitig das Abdriftverhalten. Jede Düse weist einen Optimaldruck zur Abdriftminimierung auf. An einem aufgebauten Prüfstand erläuterte der erfahrene Praktiker daher verschiedene Düsenbauformen und deren Spezifikationen. Während eine große Anzahl unterschiedlicher Bauformen präsentiert wurde, reichen für den Anwender normalerweise 3-4 unterschiedliche Typen aus um seinen Bedingungen gerecht zu werden. Für die richtige Dosierung am Feldrand kommen spezielle Randdüsen zum Einsatz. Sie bringen die benötigte Aufwandmenge an den Rand des Bestandes, während Normaldüsen durch ihren Spritzkegel nur eine geringere Dosierung applizieren und damit Resistenzbildung verursachen können.



Links: Randdüsen bringen die erwünschte Wirkstoffmenge auch an Randbereichen an die Pflanze, wogegen Normaldüsen (rechts) eine schlechtere Verteilung am Rand verursachen. Befindet sich daneben zusätzlich ein Gewässer oder eine andere Kulturart, sind Probleme vorprogrammiert (ÖKL).Im praktischen Teil wurden an einem Gerät vier verschiedene Düsentypen montiert und deren Verteilgenauigkeit im Feld getestet. Als Demonstrationsmodell wurde für jede Düse ein Metallgestell in den Bestand platziert. Daran befanden sich Papierstreifen, die sensitiv auf Wasser reagieren. Zur Demonstration der Verteilung an Ähre, Blättern und Boden wurden sie in unterschiedlicher Höhe angebracht. Das Tropfenspektrum der Düsen bei einer Fahrgeschwindigkeit von 8 km/h zeichnete sich an den Papierstreifen ab und konnte danach in der Gruppe demonstriert und diskutiert werden. Einen entscheidenden Unterschied konnte man bei der verwendeten High-Speed Düse feststellen. Umgekehrt zu normalen Düsen erzielt sie nur einen schlechten Effekt bei niedrigen Geschwindigkeiten und muss mit 10 km/h gefahren werden. Die horizontalen und vertikalen Schwingungen des Gestänges wurden auch veranschaulicht. Um die dafür notwendigen Unebenheiten zu erzeugen, legte der Praktiker Holzklötze in die Fahrgasse. Nur geringste Nachschwingungen des Gestänges sind akzeptabel und wurden von den beiden vorgeführten Fabrikaten der Hersteller Kuhn und Jessernigg eingehalten.
Im Praxisteil wurden verschiedene Düsenbauarten getestet…
deren Verteilgenauigkeit an wasserempfindlichem Papier sichtbar gemacht…
…und die Ergebnisse mit dem Fachmann diskutiert (alle ÖKL).
Abschließend wurde von Herrn Heidemann ein einfaches Rechenbeispiel zur Wasseraufwandmenge erläutert. Eine verminderte Wassermenge kann sehr wohl insgesamt eine geringe Zeitersparnis bewirken. Wer jedoch hier spart, spart auch bei der Verteilgenauigkeit. Dies kann zu einem Ertragsverlust führen, der durch die eingesparten Arbeitszeitkosten nicht aufgeholt wird. Der Zeitgewinn stellt also nur eine gefühlte Kostenersparnis dar.
Das Seminar erwies sich als äußerst lehrreich, sodass jeder Teilnehmer sich wichtige Inhalte mit nach Hause nehmen konnte. Die Qualität der Veranstaltung wurde durch eine durchwegs gute Bewertung bestätigt.
Interessant war das Ergebnis zur Frage, inwieweit von den Teilnehmern Feldspritzen mit „section control“ (GPS-unterstützte Teilbreiten(ab)schaltung) verwendet wird: nur von vieren der 33 Teilnehmer.
Das Seminar wurde im Ausmaß von 3 Stunden als Weiterbildung für den Sachkundeausweis anerkannt. Die Teilnehmer aus Niederösterreich wurden an Ort und Stelle elektronisch registriert.