ÖKL-Praxisseminar Feldspritzeneinsatz effektiv & umweltgerecht

IMG_0164Am Dienstag, 7. Juni und am Mittwoch, 8. Juni, fanden an der Versuchsanstalt der BOKU in Großenzersdorf eintägige Praxisseminare zum Thema Feldspritzen-Einsatz statt. 52 Personen nahmen teil.

Bericht von DI Gebhard Aschenbrenner:

2014 hat das ÖKL erstmals ein Feldspritzen-Seminar abgehalten, das von den vielen Teilnehmern sehr gut beurteilt worden war. Grund genug also, es im Juni 2016 in bewährter Zusammenarbeit mit der Versuchswirtschaft der BOKU in Groß Enzersdorf  „ebendort“ zu wiederholen – umso mehr, als das Seminar des ÖKL auch als Weiterbildung für den  Pflanzenschutz-Sachkundeausweis anerkannt wurde. Neben dem Referenten Ing. Roman Hauer von  der Bildungswerkstattt Mold nahm das ÖKL wiederum einen Referenten der DEULA in Nienburg/D in der Person von Hans-Werner Heidemann in Anspruch.

Der rechtliche Teil wurde vorangestellt und Ing. Roman Hauer von der Bildungswerkstatt Mold referierte zur Kontrolle von Feldspritzgeräten. Der Zusatz „künftig mögliche Prüfkriterien“ im Titel implizierte, dass diese zwar weitgehend, aber doch nicht endgültig feststehen. Die umfasst u.a. das Vorhabensein von Schutzeinrichtungen, z.B. über der Gelenkwelle, die Dichtigkeit, Korrosion an Rahmenteilen usw. Anschließend wird der Mengenstrom der Pumpe gemessen, der im bestimmten Verhältnis zu Behältervolumen und Arbeitsbreite stehen muss und dessen Pulsation 10 % nicht überschreiten darf, während das Rührwerk „eine deutlich sichtbare Flüssigkeitsbewegung aufrecht zu erhalten hat“. Folgerichtig ist, dass das Manometer an den Druckbereich der Düsen angepasst sein und die vorgeschriebene Genauigkeit erreichen muss. Am wichtigsten dürfte die Messung der Querverteilung am Balken sein, deren Variationskoeffizient 10% nicht überschreiten darf. Immer wieder fiel der sinngemäße Satz: „Wenn diese oder jene Einrichtung  vorhanden ist, hat diese zu funktionieren – auch wenn sie nicht vorgeschrieben ist.“ Das kann sich z.B. Hangausgleich, Hindernis-Ausweicheinrichtung oder die Gleichdruck-Armatur beziehen.

Heidemann betonte den Aspekt der Sicherheit ein und verglich die systemische Wirkung von PSM von der Pflanze auf den Menschen bzw. Anwender: hier wie dort wird der Wirkstoff an einer Stelle aufgenommen und im Organismus verteilt. Ein über die Haut beim Menschen aufgenommener Wirkstoff kann – abgesehen von der unmittelbaren Wirkung an Ort und Stelle (Verätzung) wenn auch – zeitlich verzögert noch weitreichendere  Wirkungen haben; z.B. in der Leber, deren eine Aufgabe auch die „Entgiftung“ des Körpers wäre. Heidemann brachte das Beispiel eines erblindeten Berufskollegen, dem aus der Einspülschleuse Spritzmittel ins Auge gelangt war! Es hätte auch ein platzender Schlauch sein können. Eine Brille ist also genauso wichtig wie ein Anzug sowie passende Stiefel, denn  auch bei noch so soliden Arbeitsschuhen können Mittel durch deren Leder diffundieren. – Es ist nicht mehr ganz einfach, an geeignete Handschuhe und Anzüge zu gelangen, denn die Hersteller können immer nur für die „Resistenz“ gegenüber den bisher auf dem Markt befindlichen Mittel garantieren.  Aktivkohlefilter schützen vor kontaminierter Luft – solange jedenfalls, als deren Kapazität nicht erschöpft oder die „Altersgrenze“ erreicht ist.

IMG_0111 FleckWas „eh bald wieder“ abgetrocknet ist, kann schlimme Folgen haben. Nicht immer handelt es sich nur Wasser. (Foto ÖKL)

IMG_0022 HandschuhDie Handschuhe müssen spritzmitteldicht und lang genug sein(Foto ÖKL)

Instabiles Spritzgestänge kann letztlich zu Resistenzen führen? – Durchaus sind auch „technisch induzierte Resistenzen“ möglich. Das Gestänge muss nicht nur vertikal immer möglichst waagrecht und in gleicher Höhe zum Bestand geführt werden, wozu bei sehr großer Arbeitsbreite die Messung mit Ultraschall möglich ist,  sondern auch horizontal.  Die rollende (vor und zurück schwankende) Bewegung, welche die Abstandsmessung nicht erfasst, kann den Balken so beschleunigen, dass an bestimmten Stellen nur geringe Mittelmengen ausgebracht werden. Die Unterdosierung führt dann zu Gewöhnungseffekten und Resistenzen. Der beschleunigte Balken wird später unweigerlich wieder abgebremst, wobei hier überdosiert wird.

Trotz eines perfekten Gestänge kann ein weiter Effekt Resistenzen fördern: es kann bis zu sieben Sekunden dauern, bis der Job-Rechner am Gerät die Ausbringenge nach einer Strecke der Unterdosierung erhöht;  das würde die „altmodische“ Gleichdruckarmatur verhindern.

Wenn statt SPM z.B. AHL ausgebracht wird, wären „nur“ optische Effekte die Folge, die aber Ertragsentgang und Lagergefährdung  bedeuten.

Auf einem Düsenprüfstand demonstrierte der wortgewandte Praktiker mit eigenem Betrieb bei Hannover die Spannweite des Angebotes, um damit zu schließen, dass man mit drei bis vier Düsen-Typen für alle Bedingungen gerüstet sein sollte. Entscheidend ist die erzeugte Tropfenform, die auch vom Druck beeinflusst wird. Mit nur 0,5 bis 1,3 bar und Wassermengen von nur 30 bis 80 l/ha arbeitet die Danfoil-Düse. Das lat. „respice finem“  (bedenke das Ende) gilt wörtlich: Wenn am Ende die technisch unvermeidliche n Restmenge übrig ist, braucht man 10 (!) ha Fläche, um bei deren Ausbringung eine Überdosierungen zu vermeiden.

Feine Tropfen unterliegen der Thermik besonders, weswegen das Spritzen in der Mittagshitze vermieden werden sollte.

Heidemann  redete eher den höheren Wassermengen –  und im Zweifelsfall wiederum den höheren Mittelmengen zur Vermeidung von weiterer Resistenzen – das Wort und bezeichnete Wasser als das beste und kostengünstigste Additiv, das die Treffsicherheiterhöht. In einem taunassen Bestand können 10.000 Liter Wasser lagern.

IMG_0058 starke ÜberlappWenn breite Balken „vorsichtshalber“  hoch über dem Bestand geführt werden, verlieren kleine Tropfen an Energie. Auch kann es zu unerwünscht starken Überlappungen kommen. Für diesen Fall könnte man an 90 – statt 120 – Grad-Düsen  denken.
(Foto ÖKL)


IMG_0043 UnterdruckInjektordüsen saugen systembedingt Luft – das Manometer zeigt ca. 0,8 bar Unterdruck – und angesaugter Staub kann diese verstopfen. (Foto ÖKL)

Verstopfte Düsen sollen wie alle Düsen mit einer Zahnbürste gereinigt werden. Nach einer Faustregel halten Düsen aus Edelstahl viermal so lange wie herkömmliche, kosten aber nur das etwa Doppelte.

IMG_0157 Untersch. Düsen an TeilbreitAn der Spritze waren einzelne Teilbreiten mit unterschiedlichen Düsen bestückt, um deren spezifischen Eigenschaften zu demonstrieren. Die Demonstration der Wirkung von unterschiedlichem Druck und  Geschwindigkeit erfolgte separat. (Foto ÖKL)


Unmittelbar nach dieser Einführung kam bei der praktischen Vorführung der Faktor „Geschwindigkeit“ hinzu, als an einer Spritze, an der einzelne Teilbreiten mit unterschiedlichen Düsen bestückt waren, deren Verhalten hinsichtlich der Anlagerung der  bei unterschiedlichem Fahrtempo verdeutlicht wurde. Dazu bediente sich der Profi wasserempfindlicher Papiere, die auf einem Metallstab als Pflanzenersatz in verschiedener Höhe festgeklemmt war und auf dem das erzeugte Tropfenspektrum zur anschließenden Auswertung fixiert wurde. Weil in einer „richtigen“ Wintergerste  gefahren wurde, waren die Spritzen nur mit „Dihydrogenmonoxyd“ (=Wasser) ohne jeden Mittelzusatz befüllt.

IMG_0096 AuswertungAuswertung der Bestandesdurchdringung in Abhängigkeit von Druck, Geschwindigkeit und Düsenform. Der Unterschied zwischen den mittleren Bildern beruht hier aber auf der unterschiedlichen Wassermenge und Düsentype bei gleichem Druck und annähernd gleicher Geschwindigkeit. (Foto ÖKL)


IMG_0089 AnemomAm zweiten Tag spielte der Faktor „Wind“ mit 1,8 m/sec eine noch geringere Rolle als am ersten; bis 3m/sec sind zulässig. Statt des Anemometers gibt auch eine „Wetter-App“ Auskunft. Noch einfacher: die Bewegung von Ästen oder Rauchfahnen beobachten. (Foto ÖKL)

Den TeilnehmerInnen wurde das Schwingungsverhalten der Spritze horizontal aus der Perspektive von hinten und vertikal von der Seite demonstriert. Heidemann besprach abschließend „Feinheiten“; z.B.: Ein Spritzmittelkanister soll vor dem Entleeren geschüttelt werden; die enthaltenen Zusatzstoffe vermögen eventuelle Ablagerungen besser zu lösen als Spülwasser. Es ist auch nicht „das neueste Modell“ entscheidend für den Erfolg der Maßnahme, sondern der Zustand und der überlegte Einsatz der Spritze in Kombination mit den passenden Düsen. Die Zeitersparnis durch schnelleres Fahren kann durch einseitige Benetzung möglichweise teuer erkauft werden.

Das Seminar wurde im Ausmaß von 3 Stunden als Weiterbildung für den Sachkundeausweis anerkannt.

4.2_b_LLogo_EU_Laender_ELER_2015_RGB