ÖKL-Pflüger-Seminar am 3. November 2015 im OÖ Zentralraum
Pflügen ist nicht „out“ – das hat die Teilnehmerzahl beim mittlerweile dritten ÖKL-Pflug-Seminar im OÖ Zentralraum in Pasching bei Linz bewiesen!
Logisch begründet begann der Vortragende Hermann Altmann mit den äußerst komplex darzustellenden, vielfältigen Kräften, die auf jedes Schar bzw. den Pflug einwirke,n und verdeutlichte diese durch dreidimensionale Graphiken. Ergänzt wurden diese mit dem Bild eines Pferdepflügers, der sich im Gehen gegen einen Pflug mit mangelndem Seitengriff stemmt … die Gesetze der Physik sind zeitlos. Richtig eingestellt, darf der Pflug keine Seitenkraft ausüben, wenn er sich im Gelenkviereck frei bewegt. Beim Traktorpflug ließen sich auftretende Seitenkräfte leicht durch Gegenlenken kompensieren, was aber Kraft und letztlich Treibstoff kostet. Streifenschare sind nur dann leichtzügiger als konventionelle, wenn die Streifen in der Fortsetzung des Schares parallel zur Fließrichtung des Bodens verlaufen; wenn der Erdbalken im falschen Winkel auftrifft, werden sie zur Barriere. Ihr Hauptzweck ist aber das Verhindern des Anklebens der Erde. Zur Barriere werden auch unsachgemäß angebrachte Aufpanzerungen, die den Treibstoffbedarf erhöhen.
Die Löcher im Streichblech zeigen den (neben der Scharbrust; rechts, ausgebrochen) am meisten beanspruchten Teil des Pfluges. (Foto: ÖKL)
Anhand dieses Bildes zeigte der Referent, dass auch beim konservierenden Verfahren und der Arbeit mit Grubber oder Scheibenegge der Boden talab versetzt wird. Mit dem in Schichtlinie hangaufwärts wendenden Pflug kann der Effekt umgekehrt werden. Nebenbei bedeutet es mehr Komfort, weil der Traktor weniger schräg steht. (Abbildung: ÖKL/Altmann )
Zahllose Scharformen – hier wenig gewunden und stärker krümelnd – für die unterschiedlichsten Böden und Wirtschaftsformen („Graslandpflügen“) gibt es. Aus: „Kompendium der sowjetischen Landmaschinentechnik“, Autorenkollektiv, VEB-Verlag Technik, Berlin 1954 (aus dem ÖKL-Archiv)
Im kupiertem Gelände mit ungünstigem Längen- zu Breitenverhältnis ist es mühe- aber wirkungsvoll, wenn an beiden Hängen ist hangaufwärts gepflügt wird, um der Erosion entgegen zu wirken. Keilpflügen (rechtes Beet) ist eine WM-Disziplin. (Foto: ÖKL)
Der ehemalige Pflugweltmeister Altmann (und derzeitige Trainer der österreichischen AspirantInnen auf den Titel) streifte auch diese Disziplin, von der Vieles auf den Alltag übertragbar ist und die ein ständiges Training erfordert, möchte man in dieser Liga mitpflügen. Ein Kernsatz ist für den „gewöhnlichen“ Pflüger zwar nicht Gesetz, aber im eigenen Interesse von Bedeutung: Ein Außerachtlassen der Sicherheitsbestimmung bedeutet bei der Weltmeisterschaft die Disqualifikation. Die Auswirkungen eines um zwei Millimeter falsch eingestellten Oberlenkers sind für Durchschnittspflüger nicht sichtbar, könnte aber bei der WM (wo Österreich seit Jahrzehnten ganz vorne liegt) den Sieg kosten … Wettkampflüge verfügen über ein Stützrad hinten und vorne; hier kommt es auf die genau einzuhaltende, mittels Ultraschall laufend kontrollierte Arbeitstiefe an. Die durch ein vorderes Stützrad außer Funktion gesetzte Regelhydraulik bedeutet eine geringere Übertragung der Zugkraft, was hier aber keine Rolle spielt. Ganz im Gegensatz zum alltäglichen Pflügen: Um möglichst nah an Grenzen bzw. Hindernisse heran pflügen zu können, läuft das Stützrad oft gemäß Kundenwunsch nicht möglichst in der Nähe des letzten Schares, sondern weiter vorne, im Extremfall in der Mitte des Pfluges. Damit ist eine optimale Funktion der Regelhydraulik nicht möglich und der Dieselölverbrauch steigt.
Es war, wie erwähnt, nicht das erste Seminar, und doch konnten die TeilnehmerInnen wieder etwas Neues für sich mitnehmen: Scherbolzen von richtiger Härte dürfen nicht einfach durchgesteckt werden, sondern müssen mit einer Mutter vorgespannt werden, um zu vermeiden, dass sich die Anlenkpunkte verbiegen oder aufweiten. Weiters u.a.: Wenn ein dreischariger Wendepflug in „Sechserpaketen“ pflügt, dann muss ein Seite verstellt oder verzogen sein.
Sowohl im Theorie- wie auch im Praxisteil wurde um das Pflügen im Langloch (vgl. Montage des Oberlenkers) diskutiert. Jeder Hersteller bietet diese Möglichkeit: Sie wurde vom Vortragenden im Hinblick auf die Funktion der Regelhydraulik – selbst bei der inzwischen verbreiteten Unterlenkerregelung – eher zurückhaltend beurteilt und für steinigen Böden abgelehnt. (Foto: ÖKL)
Das „Onland“-Pflügen vermeidet das Fahren in der Furche. Bisher hat es eher im Hinblick auf die Bodenschonung Bedeutung. Der Nachteil einer ständig geforderten Konzentration des Fahrers wird durch GPS bedeutend reduziert. Dennoch wird der unvermeidlich auftretende Seitenzug erst bei Pflügen aufgehoben, die eine Arbeitsbreite aufweisen, die sich erst mit Traktoren jenseits von 200 PS/150 kW aufbringen lässt. Sehr breite Reifen haben in der Furche nicht Platz und erfordern ebenfalls das Fahren „on land“. Um Platz in der Furche zu schaffen, müsste die Arbeitstiefe gesteigert werden, um zu vermeiden, dass der Balken quadratisch und damit insbesondere am Hang kaum noch „umlegbar“ abgeschnitten wird. (Anm.: idealerweise verhält sich dessen Höhe zu Breite wie eins zur Wurzel aus zwei, also 1H:1,41B).
Das Sech sollte etwa auf ein Drittel der Pflugtiefe eingestellt werden. Eine gezackte Ausführung vermeidet, dass es unter extremen Bodenbedingungen stehenbleibt. Zu tief eingestellte Vorschäler räumen so viel Erde in die Furche, dass für den nachfolgenden Erdbalken zu wenig Platz bleibt
Der Obmann des ÖKL-Arbeitskreises „Landmaschinen“ und ehemalige Präsident der Weltpflügerorganisation, DI Michael Deimel, bot mit dem Vortrag „Kraftstoff im Ackerbau effizient nutzen“ die passende Ergänzung zum Vorangegangen, wobei er auf die konventionelle Bodenbearbeitung gleichermaßen einging wie auf die konservierende. Bei beiden Verfahren nimmt jedenfalls mit steigender Fahrgeschwindigkeit der Kraftstoffverbrauch – er macht nach ÖKL Richtwerten etwa ein Drittel der Gesamtkosten für den Traktor aus – und der Verschleiß überproportional zu, was für eine Erhöhung der Arbeitsbreite spricht. (Beim Pflügen sieht Altmann übrigens die optimale Geschwindigkeit beim Pflügen bei (nur) 4 bis 5 km/h.) Der Verbrauch wird weiterhin durch Feldform und –größe sowie durch die Getriebebauart bestimmt. Bei einem von der BOKU vorgenommenen Vergleich des gleichen Traktors aber in unterschiedlicher Ausführung mit stufenlosem und Stufengetriebe schnitt auf dem Acker letzterer besser ab. Jeder Zentimeter Arbeitstiefe sollte überlegt sein, denn ein jeder mehr bedeutet 150 t zu bewegende Erde. Die Bedeutung des richtigen, möglichst niedrigen Reifendruckes setzte Deimel als bekannt voraus.
Vom ÖKL bestand die Vorgabe, dass es im Seminar nicht um möglichst große Pflüge gehe, sondern um deren korrekte, zu demonstrierende Einstellung. Die sechs Pflüge waren mit einer vier Scharen und zum Teil mit stufenlos verstellbarer Schnittbreite bzw. Steinsicherung ausgestattet – mit einer durch das derzeitige Programm eines Herstellers bedingten Ausnahme. (Anm.: Das ÖKL hatte in seiner Ankündigung von einem „Newcomer“ gesprochen: Dieser sieht sich nicht als solcher, denn er hat für sein neu aufgenommenes Pflug-Programm einen Hersteller mitsamt seinen besten Kräften übernommen, der seit 150 Jahren Pflüge herstellt.)
Am Nachmittag waren jedem Vertreter der sechs Hersteller etwa zehn Minuten geboten, um die spezifischen Vorteile seines Fabrikates darzulegen. Anschließend legte Altmann aus Gründen der Zeitökonomie bei jedem Fabrikat seinen Schwerpunkt jedes Mal auf einen anderen Punkt (optische Kontrolle des Fluchtens der Schare, Seiten- und Untergriff, Oberlenker…)
Eine Kontrolle, inwieweit „vernünftiges Pflügen überhaupt möglich ist“ machte er aber doch bei jedem Gespann, indem er sich vergewisserte, dass die Spur vorne etwas breiter ist als hinten. Als nachgerade „teuflisch“ bezeichnete er, wenn man übersieht, die Arretierung der linken Hubgabel aufzuheben; dieser Winzigkeit wegen wurden schon Kundendienstmitarbeiter um Hilfe gerufen!
An den bereits gleichmäßigen Furchen rechts wird sichtbar, dass bei der Einstellung der Pflüge auf einem höheren Niveau aufgebaut wurde und die „Firmenleute“ vorgearbeitet hatten. Es handelt sich um einen mittleren, steinfreien Boden. (Foto: ÖKL)
Der Vortagende Hermann Altmann, zugleich Vertreter eines Pflugfabrikates, zeichnete sich durch absolute Fairness und Objektivität gegenüber den Mitbewerbern aus; beim praktischen Teil konnte man mitunter den Eindruck gewinnen, es sollten („Geschwindigkeit der Erde am äußersten Schar“) künftige Meisterschaftsaspiranten geschult werden.
Dem ÖKL ist bewusst, welchen Aufwand es – kurz vor der Agritechnica – bedeutet, einen Pflug nebst fachkundigem Vertreter zur Verfügung zu stellen und dankt den Herstellern Amazone, Alois Pöttinger, Kuhn, Kverneland, Regent, Vogel & Noot. Soweit die Hersteller nicht mit einem eigenen Gespann kamen, funktionierte das Zusammenspiel Pflug-Traktor mit den vom ÖKL organisierten Traktoren John Deere, Massey-Ferguson und Steyr gleichermaßen gut. Eine passende Fläche am „Mairgut“ bei Thening im OÖ Zentralraum war dem ÖKL von Dr. h.c. Ing. P. Köppl der Landwirtschaftskammer OÖ genannt worden.
Das ÖKL wandelt ein Zitat aus dem Fußballsport ab: „Nach dem Pflugseminar ist vor dem Pflugseminar 2016.“
Bericht von DI Gebhard Aschenbrenner, ÖKL