ÖKL-Praxis-Seminar Technik im Biolandbau

160927-technik-im-biolandbau-kroenigsberger-01“Neue Entwicklungen in der Bodenbearbeitung”

Das Seminar wurde am 27. September 2016 an und in enger Zusammenarbeit mit der Versuchswirtschaft der Universität für Bodenkultur in Groß-Enzersdorf abgehalten.

Der erste Vortrag „Soil Cover“ steht (vorerst noch im indirekten aber richtungsweisend) im Zusammenhang mit dem Generalthema und beinhaltete ein Verfahren zur automatisierten Bestimmung des Bodenbedeckungsgrades, was in Hinsicht auf Maßnahmen zur Verhinderung der Bodenerosion und der Bodenbearbeitungen von Bedeutung ist. Die höchste, vorläufig nicht serienreife Stufe ist das Unterscheiden von Unkraut und Kulturpflanzen, womit Feldspritzen mittelsparend gesteuert werden können. Die technischen Ansprüche sind BO_Kreislogo_A3-A4_RGBim Biolandbau noch einmal höher, denn es müssen die mechanischen, (massen-)träge reagierenden Werkzeuge ständig neu positioniert werden, die langsamer als Düsen reagieren. Auch an die Software werden Ansprüche gestellt: Wenn es einer Woche des Rechnens bedarf, um eine sichere Unterscheidung Boden – Steine – Pflanzen zu unterscheiden, wird der Aufwand klar. Aber es funktioniert inzwischen ja auch die Gesichtserkennung …

Rudolf Votzi, Bio-Landwirt ging auf unterschiedliche Werkzeugformen insbesondere vor dem Hintergrund zunehmenden Disteldruckes ein undsprach in diesem Fall den Flügelscharen zum vollflächigen Durchschneiden des Bodenhorizontes in wechselnder Tiefe das Wort. Soll die Begrünung mit Esparsette am Weiterwachsen gehindert werden, so riet er, dieser noch einen Teil der Blätter zu belassen, damit diese die Wurzeln „aussaugen“. Im praktischen Teil führte er den „rod-weeder“ vor: nomen (engl. Rod=Stange) est omen, denn eine hydraulisch angetriebene, oben gegen die Fahrtrichtung rotierende Stange soll die Unkräuter an der Oberfläche ablegen, wo sie vertrocknen.

160927-technik-im-biolandbau-kroenigsberger-06Voraussetzung für den Rod-Weeder ist ein steinfreier und einigermaßen ebener Boden. Im Vordergrund der hydraulische Antrieb, der allerdings im Boden läuft.
Foto ÖKL/Krönigsberger

Ein interessantes Argument, das zugleich die mitunter kritiklos hierher übernommene nordamerikanische Minimalbodentechnik  relativiert, brachte er mit dem Umstand, dass im mittleren Westen der Boden länger als bei uns und vor allem bis zu 1,5 m tief friert. (Anm.: Ein bedeutender US-amerikanischer Hersteller derartiger Technik trägt den in diesem Zusammenhang sinnigen Firmennamen „Grat Plains“). Der Frostgare muss in diesen Regionen nicht „Angriffsfläche“  durch eine (raue) Pflugfurche verschafft werden. Somit herrschen in besagtem Gebiet andere Bedingungen für die Pflanzenhygiene – der Maiszünsler z.B. oder schädliche Mikroorganismen müssen nicht mit dem Pflug „beerdigt“ werden. Votzi meinte, diesen Abschnitt zusammenfassend, philosophisch „Macht Euch die Erde zugetan!

Er riet, den Traktor „nach (möglichst geringem) Gewicht“ zu kaufen und ihn je nach Einsatz mit Ballast versehen. Bei ausgehobenem Anbaugerät verlagert sich das Gewicht im Frontanbauraum zusätzlich auf die Hinterachse. Gegenüber nur schwer reparabler Strukturschäden im Unterboden tritt der Effekt in den Hintergrund, dass die Hinterachsbrücke hoch und über das verkehrsrechtlich zulässige Gewicht hinaus beansprucht wird. Besagter Effekt kann aber auch die Vorderachse soweit entlasten, dass ein weiteres verkehrsrechtliches Delikt entsteht. 

Im Zuge der Vorstellung des Stoppelhobels referierte ein Vertreter des Herstellers Zobel/D über die mixomorphe Ernährungsweise der Distel, was bedeutet, dass sie Nährstoffe aus dem Boden auch ohne Assimilation aufnehmen kann, was eine Erklärung für die Resistenz und das unvermittelte Wiederauftauchen dieses Unkrauts wäre. Die spezielle, letztlich nicht wendende Scharform des „Stoppelhobels“ soll zum Bekämpungserfolg gegen Distel und Ampfer beitragen.

 

160927-technik-im-biolandbau-kroenigsberger-08Der Stoppelhobel soll schnell gefahren werden, um eine mischend-werfende Wirkung zu erzielen. 100PS/73 kW reichen bei sechs Scharen aus. Drei Stützräder sichern die bei der geringen Arbeitstiefe erforderliche exakte Tiefenführung. Folgerichtig ist für den Oberlenker bereits werksseitig nur ein Langloch vorgesehen.
Foto ÖKL/Krönigsberger

DI Peszt erläuterte die Vergleiche zwischen herkömmlicher und Dammkultur, die nach ersten Ergebnissen bei Wintergerste und  -weizen sowie Dinkel keine klaren Unterschiede zu Tage brachten. Anderseits zeigten Aufnahmen z.B. von Soja (noch ohne Ertragsmessung) deutlich vitalere Pflanzen. In feuchten Jahren stehen die Pflanzen im Trockenen – das war auch der Sinn des sog. Bifangbaues in der Steiermark. Dagegen kann die Kapillarität des Bodens bei Trockenheit  durch Hacken vermindert werden. Der Vortrag stand im Zusammenhang mit den praktischen Vorführungen von Geräten des Herstellers bzw. Proponenten des wieder mehr in den Vordergrund rückenden Verfahrens.

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Das Basisgerät „Zinkenrahmen“ von J. Turiel ist hier – abgesehen von den Vorwerkzeugen zur Bodenlockerung als Dammformgerät bestückt. Die Zinken sind schlank und erfordern daher hohe Materialqualität.
Foto ÖKL

160927-technik-im-biolandbau-kroenigsberger-03Das Turiel Hackgerät als Kettenwalze passt sich gut an die Dämme an und transportiert den Boden, der beim herkömmlichen Hacken auf die Pflanzen gerät, wieder herunter.
Foto ÖKL/Krönigsberger

Mag. Dr. Gabi Gollner und ihr Kollege DI Andreas Surböck von der BOKU bzw. Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL, auch in D und CH tätig) stellten das Forschungsprojekt  „Praxisversuche zur reduzierten Bodenbearbeitung“ vor. Der Titel gerät zum Euphemismus, wenn man die bisherige doch sehr ausgeprägte Pflugkultur mit dem nun z.B. eingesetzten Stoppelhobel (vgl. unten) in Betracht zieht. Es kann angekündigt werden, dass weitere Ergebnisse zusammen mit jenen der organischen Düngung und der Fruchtfolge im Arbeitskreis noch öfter in Erscheinung treten. Gar „minimalistisch“ ist der vorgestellte Versuch zur Einsaat in vorher durch die Messerwalze in den nur umgeknickten (und demnach nicht gleich absterbenden) Wickroggen mittels Drillsaat in einem Arbeitsgang. Die Ergebnisse mit  u.a. Sojabohne und Mais sind bemerkenswert. (Anm.:  In der OÖ Kammerzeitung wurde unlängst die Verwendung eines Kreiselheuers anstatt des Häckslers als treibstoffsparende Alternative in Gründüngung vorgestellt.)

160927-technik-im-biolandbau-kroenigsberger-13Die Kettenegge des australischen Herstellers „Kelly“ weist bei gleichzeitig verstopfungsfreier und seichter Arbeit eine hohe Flächenleistung bei geringem Treibstoffverbrauch auf. Die Vorspannung der Glieder-Scheibenkombination kann hydraulisch verändert werden. Bei zu starkem „Durchhängen“ in Fahrtrichtung kommt es zu unterschiedlichen Anstellwinkeln der Scheiben 
Foto ÖKL/Krönigsberger

Mit der Präsentation eines Spatenpfluges wurde keine neue Technik vorgestellt, aber daran erinnert, dass systembedingt keine Zugkraft aufgebracht werden muss: Im Gegenteil, das Gerät schiebt den Traktor.

(Gebhard Aschenbrenner)

Das Seminar wird mit fünf Stunden für die Maßnahme „Biologische Wirtschaftsweise“ angerechnet.

Die Vorträge der Referenten:

Peter Riegler-Nurscher, BSc, BLT Francisco Josephinum:
Soil Cover: Ein Verfahren zur Bestimmung des Bodenbedeckungsgrades 

DI Willi Peszt, LK Burgenland, Eisenstadt:
Die Dammkultur – ein “altes neues” Verfahren am Beispiel des Systems Turiel

Rudolf Votzi, Landwirt, Lassee:
Praxis der Bodenbearbeitung im Biolandbau im Trockengebiet. Oder: die Unmöglichkeit perfekter Bodenbearbeitung

Dr. Gabriele Gollner, BOKU Wien
Ertragsentwicklung und Humusaufbau über reduzierte Bodenbearbeitung und organische Düngungsmaßnahmen

Praktische Vorführungen:

Johann Pribitzer, ATG Leonding: Die Kettenegge „Kelly“

Rüdiger Zobel, Stahlbau, Hohenlohe (D): Der Stoppelhobel „Zobel“

Johann Doppelbauer / Julian Turiel: Das Turiel-Gerät

Rudolf Votzi: Rod Weeder-Selbstbaumaschine

 

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