Bildung im ländlichen Raum
Die Herbstausgabe der Zeitschrift ≥Ländlicher Raum„ befaßt sich mit allen Aspekten der Bildung im ländlichen Raum: welchen Ansprüchen muß das Bildungsangebot genügen, welche Initiativen gibt es, welche Rolle spielen die neuen Medien etc.
Umfassende Bildung und die entsprechende Qualifikation sind die wichtigsten Grundlagen für die wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Sicherheit – sowohl für den einzelnen als auch für die Entwicklung des ländlichen Raumes. Angesichts der gewaltigen Entwicklungsdynamik unserer Zeit, die ständig neue Anforderungen an die Menschen stellt, muß das Bildungswesen eine orientierende, wertvermittelnde und zukunftsweisende Funktion übernehmen.
Diese Überlegungen zum Anlaß genommen, hat das Redaktionsteam wieder einige interessante Artikel für die Zeitschrift ≥Ländlicher Raum„ zusammengetragen. Einige Themen: Was sind die Bildungsziele für eine bäuerliche Landwirtschaft? (W. Pevetz), Welche Anforderungen stellt eine multifunktionale Landwirtschaft? (G. Pichler), Welche Möglichkeiten, Gefahren und Risken bergen die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien? (F. Nahrada). Konkret wird es in einer Reihe von Projektberichten bzw. -ideen: die Tiroler Landhauptschule, ≥Bildung und Begegnung„ in der NÖ Dorferneuerung, Ausbildung für Teleberater im LFI Steiermark, Weiterbildung im Virgental, Holzverarbeitungsausbildung im Bregenzerwald etc. Ein Beitrag zu ≥Schule am Bauernhof„ darf natürlich auch hier nicht fehlen: eine Lehrerin erzählt aus ihren Erfahrungen. Etwas ungewöhnlich ist vielleicht ein Artikel über neue Gedanken zum Thema Verkehrssicherheit und umweltgerechtes Mobilitätsverhalten: ein gemeinsames Projekt von Schule und Fahrschule.
Inhaltsverzeichnis
Bildungsziele und Bildungsforschung für eine bäuerliche Landwirtschaft
Werner Pevetz
Berufliche Bildung im ländlichen Raum – Bildung für eine Multifunktionalität in der Landwirtschaft
Gertraud Pichler
≥Bildung und Begegnung„ – Ein Werkstattbericht aus Niederösterreich
Karl Trischler
Die Klosterbibliothek des 21. Jahrhunderts – eine Metapher für die Zukunft der Bildung im ländlichen Raum
Franz Nahrada
Von der Tiroler Landhauptschule und der Umkehr zum ländlichen Raum
Hubert J. Jungwirth
Telearbeit – ein Meilenstein für die Arbeitswelt
Christa Baumgartner
Gönn´ Dir ein Stück Zukunft im Osttiroler Virgental – Weiterbildung
Leo Gander
Machbarkeitsprüfung zur Holzverarbeitungsausbildung mit Berufsreifeprüfung Projektbeschreibung
Franz Rüf
Schule am Bauernhof – persönliche Erfahrungen
Haidl Sonja
Mobilität
Sylvia Masopoust
Aus der ÖKL-Arbeit, Mitteilungen, Buchbesprechungen
Bildung ist ein wichtiger Schatz
(Editorial)
Die Lösung unserer heutigen Probleme läge zum größten Teil in den Humanressourcen, meinen die Vereinten Nationen (siehe Zitat auf Seite 15) – und sie haben wahrscheinlich recht. Spontan denke ich beim Wort Ressource an Rohstoffe, die die Erde in sich birgt, die knapp werden und mit denen wir sorgsam umgehen müssen. Zum Beispiel auch Bildung in die Reihe der Rohstoffe einzuordnen, ist ein interessantes Gedankenexperiment. Wo ist dieser Stoff, wie kann er ≥gefördert„ werden, wie muß man mit ihm haushalten, wem soll er zugänglich gemacht werden, was kostet dieser wichtige Rohstoff, kann er veredelt werden, wie wird er zum Zielort transportiert, hat jemand die Verwaltungshoheit über ihn …?
Diese Ausgabe der Zeitschrift ≥Ländlicher Raum„ beschäftigt sich – nach langen Überlegungen des Redaktionsteams – mit dem Thema Bildung. Experten aus den verschiedensten Bereichen konnten gewonnen werden und haben Artikel beigesteuert, in denen viel Wissen, Erfahrung und auch Arbeit steckt. Vielen Dank!
Werner Pevetz und Gertraud Pichler, beide mit der Erstellung des 2. Agrarischen Bildungsberichtes betraut, gehen ausführlich darauf ein, welchen neuen Anforderungen sich das ländliche und landwirtschaftliche Bildungssystem angesichts der Multifunktionalität der österreichischen Landwirtschaft stellen muß. Pevetz geht in 14 Punkten auf den Forschungsbedarf ein, Pichler gibt einen Überblick über die bestehenden Möglichkeiten für die berufliche Bildung.
Die Tiroler Landhauptschule, vorgestellt von Hubert Jungwirth, ist ein erfolgreiches Schulmodell für den ländlichen Raum – mehr Mitsprache, weniger Pflichtstunden. Die Lehrer kommen auch fallweise zu den Schülern, um zeitaufwendigen Schülertransport zu den zentralen Schulen zu vermeiden. Das Modell hat schon Nachahmer in anderen Bundesländern gefunden.
Karl Trischler und Franz Nahrada beschäftigen sich seit Jahren mit Bildung, neuen Medien und deren Chancen für den ländlichen Raum. Das Projekt ≥Bildung und Begegnung„ der NÖ Dorferneuerung strebt mit Hilfe des Instrumentes Bildung die nachhaltige Sicherung von Lebensqualität im ländlichen Raum an. Nur eines der erfolgreichen Beispiele ist das ≥literatur network gänserndorf„, wo heute acht Büchereien im Raum Gänserndorf gemeinsam ein umfangreiches Programm bieten und Dorferneuerung nicht bei der Neugestaltung des Hauptplatzes aufhört. Franz Nahrada überlegt, wie denn eine Klosterbibliothek des 21. Jahrhunderts aussehen könnte und ob nicht die Globalisierung auch die Chance beinhaltet, manchen Ort ≥wiederzugewinnen„.
Wofür ganz konkret die neuen Medien eingesetzt werden können, zeigt ein Projekt des LFI Steiermark, wo Beraterinnen und Berater für Telearbeit ausgebildet werden. In Österreich üben je nach Definition 21.800 bis 51.600 Personen die Arbeitsform Telearbeit aus, Tendenz steigend. Eigens ausgebildete BeraterInnen sollen den Unternehmern und den Arbeitnehmern wertvolle Hilfe leisten. Im Osttiroler Virgental konnte auf Basis einer gezielten Bedarfserhebung ein Bildungsangebot zusammengestellt werden, das von 10 % der regionalen Bevölkerung konsumiert wird – Leo Gander berichtet.
Im Bregenzerwald, wo Holzverarbeitung die dominierende Branche ist, hofft man mit einer Holzverarbeitungsausbildung mit Berufsreifeprüfung notwendige Fachkräfte auszubilden – auch im Hinblick auf Expansionsmöglichkeiten des Gewerbes auf den nahe gelegenen Auslandsmarkt. Die Machbarkeitsstudie wird von der Regionalentwicklung Bregenzerwald GmbH durchgeführt. Ein gedanklicher Sprung zu etwas ganz anderem: Sylvia Masopust berichtet von einer Bildungsinitiative, die sich mit dem Mobilitätsverhalten junger Menschen auseinandersetzt. Mehr Sicherheit, mehr Ökonomie, mehr Ökologie sind die Ziele – die schulische Verkehrserziehung und die Fahrschule arbeiten zusammen an deren Erreichung.
Schließlich gibt uns eine Lehrerin einen sehr persönlichen und lebendigen Bericht zu ihren Erfahrungen mit Schule am Bauernhof, einem Thema, das zur Zeit in aller Munde ist. Durch diesen Artikel kann sich jeder vorstellen, welch tolles Erlebnis so ein Besuch beim Bauern für die Schülerinnen und Schüler ist.
Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern eine interessante Lektüre. Außerdem möchten wir Sie auch herzlich einladen, uns Leserbriefe zu senden. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung.
Zum Abschluß darf ich Ihnen im Namen der Redaktion und des gesamten ÖKL ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in das Jahr 2000 wünschen!
Eva-Maria Munduch-Bader