Alpenkonvention
Inhalt:
Editorial
Roland Kals (siehe Text weiter unten)
Umsetzung der Alpenkonvention ˆ Schwerpunkte unter österreichischem Vorsitz
Josef Pröll
Zahnloser Papiertiger oder Alpen-Luchs mit Zähnen?
Die Umsetzung der Alpenkonvention aus internationaler Sicht
Dominik Siegrist
Die Alpenkonvention auf dem schwierigen Terrain innerstaatlicher Umsetzung
Peter Haßlacher
Gemeinde-Netzwerk ≥Allianz in den Alpen„
Rainer Siegele
Almregionen im Projekt ALP AUSTRIA
Klaus Wagner
Was wird ALP AUSTRIA zur Umsetzung der Alpenkonvention beitragen?
Daniel Bogner und Wolfgang Ressi
Das Berglandwirtschaftsprotokoll aus der Sicht des Naturschutzes
Franz Maier
Weiters: Berichte, Veranstaltung, Buchtipps und ÖKL-Projekt ≥Tiergestützte Therapie und Pädagogik am Bauernhof„
Editorial:
Die Alpenkonvention ist in ≥Land und Raum„ immer wieder ein Thema; dieses Mal als Heftschwerpunkt, weil Österreich seit Herbst 2004 für zwei Jahre den Vorsitz der ≥Alpenkonferenz„, dem entscheidenden Steuerungsgremium zur Umsetzung der Alpenkonvention, führt.
Welche Impulse Österreich während dieser zwei Jahre setzen möchte, können Sie dem ersten Beitrag entnehmen. Minister Josef Pröll setzt dabei auf die Durchschlagskraft der ≥doppelten Präsidentschaft„ (Alpenkonvention plus Europäische Union) in der ersten Jahreshälfte 2006.
Man darf skeptisch sein: Es wird nicht leicht sein, innerhalb weniger Monate die Defizite der vergangenen Jahre aufzuholen. Nach wie vor ist die Alpenkonvention weder auf Bundes-, noch auf Landes- oder Gemeindeebene als politisches Thema präsent, nach wie vor gibt es weder in materieller noch in ideeller Hinsicht genügend Rückenwind für die Umsetzung.
Wie sich aus verschiedenen Beiträgen dieses Heftes entnehmen lässt, ist die Alpenkonvention leider weit davon entfernt, ein politikleitendes Instrument zu sein:
Peter Haßlacher stellt fest, dass die Alpenkonvention derzeit kein etabliertes und funktionierendes Nachhaltigkeitsinstrument sei. Dominik Siegrist konstatiert, dass dem Vertragswerk die nötige Bekanntheit und damit die Erkenntnis seiner Nützlichkeit fehle. Beide Autoren bemängeln, dass jene Ressourcen fehlen, die zur wirksamen Umsetzung des Vertragswerkes unbedingt notwendig wären.
Als Folge eines schier endlosen Gezerres um die Ratifizierung der Alpenkonventionsprotokolle dürften einzelne Inhalte inzwischen bereits veraltet sein. Franz Maier demonstriert dies anhand des Berglandwirtschafts-Protokolls.
Gleich zwei Artikel berichten über das aktuelle Forschungsprojekt ≥ALP AUSTRIA„, das sich mit der Zukunftssicherung der österreichischen Almwirtschaft beschäftigt. Laut Daniel Bogner und Wolfgang Ressi liefert ALP AUSTRIA ≥entscheidende Beiträge„ zur Umsetzung der Alpenkonvention. Leider bleibt offen, ob diese Beiträge dem besorgniserregenden Strukturwandel auf unseren Almen wirksam begegnen können.
Faktum ist: Die Bergbauern befinden sich – in ähnlicher Weise wie die alpine Tourismuswirtschaft – seit längerem in einer fatalen Rationalisierungsspirale, die mittelfristig zu einem Ausstieg aus der Almwirtschaft führen kann. Der Effekt auf die Kulturlandschaft kann im ostösterreichischen Alpenraum als signifikante Wiederbewaldung mit freiem Auge wahrgenommen werden. Das Tourismusland Österreich sollte sich also um die ausreichende Bestoßung der Almen ernsthafte Sorgen machen. Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang die ab Seite 25 dargestellten Ergebnisse der Gallup-Umfrage zur Zukunft der Landwirtschaft: Ohnmachtsgefühl, Pessimismus und die sichere Erwartung der Betriebsaufgabe ist gerade unter den kleineren Landwirtschaftsbetrieben verbreitet.
Bei aller Skepsis sollen die geglückten Umsetzungsinitiativen der Alpenkonvention nicht übersehen werden. Präsident Rainer Siegele zieht eine ermutigende Zwischenbilanz seines Gemeindenetzwerkes ≥Allianz in den Alpen„. Übrigens zeigt sich am Gemeindenetzwerk die Inkonsistenz des Alpenkonventionsprozesses besonders deutlich: Das Netzwerk wird in der Schweiz am stärksten unterstützt und ist dort auch sehr gut etabliert. Gleichzeitig misstraut die Schweiz aber den Alpenkonventionsprotokollen und hat sie deshalb auch nicht ratifiziert. Positiv gewendet: Vielleicht ein Indiz dafür, dass Alpenbewusstsein eine landeskulturelle Tugend ist, die durch Verträge am grünen Tisch nicht ersetzt werden kann.
≥Naturgemäß„ (um mit Thomas Bernhard zu sprechen) wird das Gemeindenetzwerk östlich des Arlbergs nur wenig beachtet. Das ist schade, weil das ≥Projekt Alpenkonvention„ ohne eine konsequent in Nachhaltigkeitskategorien denkende Gemeindepolitik kaum Erfolg haben wird.
Auch wenn es gegenwärtig utopisch erscheint: Würde man die Konditionen der Agrarförderung und des kommunalen Finanzausgleiches an die Erfüllung von Alpenkonventionskritierien binden, könnten wir uns vor Umsetzungsinitiativen wohl nicht mehr retten Σ.
meint jedenfalls Ihr
Roland Kals