Land & Raum 1 2007

Ältere Menschen im ländlichen Raum – Sicherung der Lebensqualität

Die Frühjahrsausgabe von Land & Raum setzt sich mit der Lebesnqualität älterer Menschen im ländlichen Raum auseinander. Die Wahl des Themas geht auf Frau Mag.Dr. Tatjana Fischer (Redaktionsmitglied) zurück, die diesem Schwerpunkt ihre Disseration widmete.

Ältere Menschen im ländlichen Raum – Vision oder Gefängnis? Das Thema des Alterns ist aktueller geworden, nicht nur aufgrund der steigenden Lebenserwartung mit den in der Werbung gepriesenen Optionen in Freizeit und Tourismus, mit den nahezu unglaublichen Hilfen für Gesundheit, jung bleiben und der immer währenden Schönheit. Glauben wir den in den Medien präsenten Botschaften, stehen den älter werdenden Jahrgängen unserer Gesellschaft nahezu unendlich vielfältige Wege in einen neuen Lebensabschnitt bevor.

Stimmt diese Aussicht noch, wenn wir uns den – gegenüber jenen in den Städten unterschiedlichen – Lebensbedingungen im ländlichen Raum zuwenden? Sehen wir nicht in der Vielfalt der Angebote der Stadt die größere Chance, jene Angebote von der Unterhaltung bis zur Einbeziehung in einen gesellschaftlichen und sozialen sowie auch medizinischen Rahmen zu nutzen, die doch im ländlichen Raum in ausreichender Dichte – oder günstiger Erreichbarkeit – fehlen?

Zeigt nicht die Abwanderung gerade der jüngeren Generationen aus den ländlichen Gebieten – die dann auch für die familiäre Versorgungshilfe vielfach fehlen – die hohe Attraktivität der städtischen Agglomerationen, die auch für den älteren Menschen zur gewohnten Ressource wird, die neben Kontakten und Kommunikation sowie Unterhaltung auch Absicherung und Versorgung mit wesentlichen Diensten sichert.

Nahezu ähnlich sind vermutlich bei einer vergleichenden Betrachtung in Stadt und Land die ökonomische Situation der Pensionisten (auch wenn die spezifischen Kosten auf dem Land vielfach höher sind), das Fehlen der Großfamilie und damit die unsichere Bereitschaft zur innerfamiliären Integration und besonders auch zur Pflege der älteren und vielfach auch bedürftigen Personen. Auch wenn dieses Thema eine besondere Betrachtung erfordert und in einem Stadt-Land-Vergleich nicht einfach behandelt werden kann – dort zeigt sich oft das Alleinbleiben der älteren Generationen, das Ausgegrenztsein und das Fehlen von kompensierenden Initiativen und Im-pulsen. Die Versorgungs- und Absicherungsaufgabe als soziale Vorsorge wird hier nicht behandelt, auch wenn diese sicher in der Stadt- und Re-gionalpolitik eine nicht unwesentliche Rolle spielt – und alleine aus ökonomischen Gründen an Grenzen stößt. Aber das Erhalten der gesellschaftlichen Basis, das Einbeziehen aller Bevölkerungsgruppen, das Berücksichtigen unterschiedlicher Bedürfnisse unterschiedlicher Altersgruppen ist immer auch eine wesentliche kommunalpolitische Aufgabe. Können die verschiedenen Anforderungen und daraus resultierenden Leistungen mit den üblichen Instrumenten der öffentlichen Hand am Land oder in der Stadt erbracht werden, ist die Bereitschaft zur Eigeninitiative hoch genug, wenn die öffentliche Förderung nicht besteht oder nicht ausreicht?

Vereine – die im ländlichen Raum eine wesentliche stabilisierende und das kommunale Geschehen erhaltende Funktion einnehmen – sind als die traditionellen Selbsthilfe-Mechanismen im ländlichen Raum zu bezeichnen, mit denen der einzelne Mensch bestehende und neue Aufgaben für sich, den anderen Menschen und die Gemeinschaft erbringen kann. Gibt es diese auch in den Städten, mit der gleichen gesellschaftlichen, sozialen und oft auch kommunalwirtschaftlichen Relevanz? Führt das aktiv sein in und mit einer Gruppe in der Stadt zu dem gleichen Bewusstsein, für die unmittelbare wie auch größere Gemeinschaft einen essentiellen Beitrag erbracht zu haben? Das vorliegende Heft zeigt ermunternde Beispiele auf, die vielleicht nicht immer neu sein mögen, vereinzelt in Varianten bereits an anderen Orten auch praktiziert werden oder wurden. Ermunternd ist aber die geistige und innovative Frische, die aus den Berichten sowohl der fachlichen Autoren wie auch der jungen Familienmitglieder erfahren werden kann und nicht nur auf den ländlichen Raum begrenzt sein müssen. Können wir als Städter vielleicht doch lernen, wie wir uns selbst wie auch unsere ältere Generationen einbeziehen können, wie wir vielleicht auch von ihnen lernen können?

Editorial von Hans Kordina