Land & Raum 3 2007

Die Herbstnummer beschäftigt sich mit den vielfältigen Kulturgütern im ländlichen Raum, umfasst 32 Seiten und enthält 6 Fachartikel zum Schwerpunktthema.

Kulturgüter im ländlichen Raum

Dass Leben Veränderung bedeutet, ist nicht neu. Das Tempo hingegen; indem sich diese Veränderung vollzieht; scheint immer schneller zu werden. Wer hätte sich beispielsweise vor zwanzig Jahren gedacht, dass die gute, alte Telefonzelle schon bald zum Kulturdenkmal wird? Damals wurden die ersten Handybesitzer als Snobs belächelt, und ein Telefonat in der U-Bahn oder unter freiem Himmel war etwas absolut Kurioses.

Doch was sind eigentlich Kulturgüter und wer entscheidet, was davon für die Nachwelt erhalten werden soll? Dieser Frage geht Arthur Spiegler in seinem Leitartikel nach und kommt unter anderem zu dem Schluss, dass Landschaften in Europa für sich bereits als Kulturgut betrachtet werden„ müssen, da Kulturgüter im ländlichen Europa beinahe flächendeckend auftreten und ein lebendiges kulturelles Erbe darstellen.

Dass so manches Kulturgut im wahrsten Sinne des Wortes lebendig sein kann, beweist der Artikel von Rainer Vogler über Trockensteinmauern. Er zeigt auf, wer und was alles in und von diesen Mauern lebt und welche wirtschaftliche Bedeutung sie in unserer Zeit haben können. Wie viele technische Denkmäler der industriellen und vorindustriellen Vergangenheit noch in unserem unmittelbaren Lebensraum vorhanden sind, wird im Artikel von Gerhard A. Stadler deutlich. Denn fast überall sind Spuren vergangener Zeiten zu finden. Einige von ihnen stammen noch aus der Römerzeit, die meisten blieben aus der Zeit der Industrialisierung und dem damit einhergehenden Ausbau der Infrastruktur sowie der Nutzung neuer Energieträger erhalten. Der Artikel schließt mit der Feststellung, dass es ≥an den Hinterbliebenen liegt, die Erinnerung an das Industriezeitalter wach zu halten.„

Doch was erhaltenswert ist und was nicht, ist oft nicht leicht zu entscheiden, meint Günther Schickhofer, der sich in seinem Beitrag mit dem Schutz von alten Ortsteilen und Gebäuden befasst. Denn natürlich haben sich in der heutigen Zeit nicht nur die Baumethoden geändert, sondern auch neue Bedürfnisse entwickelt, so dass die harmonische Synthese zwischen Alt und Neu eine Herausforderung der besonderen Art darstellt. Doch oft ergibt sich diese Synthese, wenn eine Neunutzung alter kulturtechnischer Bauten möglich ist. Bei den historischen Bewässerungsanlagen der inneralpinen Trockentäler, von denen Stefan Hellebart schreibt, ist dies eine touristische Nutzung. Der Kaunerberger Wasserweg zeigt interessierten Wanderern, welche wirtschaftliche und geschichtliche Bedeutung die Bewässerungsanlagen für die Region hatten. Die Begleitsteige der oftmals wiederhergestellten, wasserführenden Waale dienen dabei als Wanderweg.

Wege und Schutzhütten in den Alpen funktionstüchtig zu erhalten, ist zeit- und kostenaufwendig. Umso begrüßenswerter ist das Projekt der Umweltbaustellen der Alpenvereinsjugend, von dem Gabriele Hametner und Lisa Stuckey berichten. Durch die unentgeltliche Arbeit vieler junger Leute aus ganz Europa wird hier alljährlich viel Unmögliches möglich gemacht und ein wertvoller Beitrag zur Erhaltung der Kultur des Wanderns und Bergsteigens geleistet.

Je schnelllebiger unsere Zeit wird, umso wichtiger scheint es, all das für die Nachwelt aufzuheben, was einmal wichtig und wertvoll gewesen ist. Nicht um der guten alten Zeit nachzutrauern, sondern um das Verstehen und Begreifen der eigenen Geschichte zu ermöglichen. Denn nur wer weiß, wo er herkommt, kann erahnen wohin sein Weg führen wird und wer feststellen will, ob er sich verändert hat, sollte an einen Ort zurückkehren, der unverändert geblieben ist. [Nelson Mandela]

Editorial von Barbara Steurer