Schwerpunktthema: Good Governance
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Es war die Weltbank, die mit dem Begriff ‚Good Governance‘ (GG) die Wirksamkeit der Nutzung öffentlicher Mittel in Entwicklungsländern erhöhen wollte. In der Zeit ’nach der Wende‘ kam dann die Transformation der sozialwirtschaftlichen Systeme in einer Vielzahl von Staaten hinzu, die plötzlich ein Vielfaches an Mitteln gegenüber vorher benötigte, und das bei politisch verzerrten und oft kaum durchschaubaren administrativen Zuständen. Es wurde daher immer stärker gefordert, dass die Rollen der an Entwicklungsprojekten Beteiligten auf den Prinzipien der Wirksamkeit und Verlässlichkeit öffentlicher Angelegenheiten, Transparenz (Entscheidungen, Mitteleinsatz), der Mitbestimmung und Nicht-Diskriminierung aufbauten.
Diese Ausgabe von Land & Raum geht nun der Frage nach, inwieweit diese Prinzipien auch zu den Leitgedanken der Ländlichen Entwicklung gehören. Holger Magel und Silke Franke sehen in ihrem Leitartikel eine ≥richtige≥ ländliche Entwicklung ohne GG als gar nicht möglich. Für sie bedeutet GG insbesondere einen ‚veränderten Regierungs-, Planungs-, Diskussions- und Entscheidungsstil‘, eine neue Verantwortungsteilung, ganzheitliches Denken und Handeln und die Bildung neuer Netzwerke und Kapazitäten.
Harald Beutl zeigt auf, dass der Begriff ‚Governance‘ nicht als Modewort herhalten sollte, sondern dass sich dahinter eine breite Palette von Bedeutungen verbirgt, die mit ‚öffentlichen‘ Aktivitäten wie Regieren, Verwalten, Steuern und Koordinieren in Zusammenhang stehen. Es werden damit (vereinfacht) sozio-ökonomische Vorgänge beschrieben, komplexe Systeme analysiert und Leitbilder für staatliches Regieren entwickelt. Governance-Ansätze sollen dazu dienen, die soziale Wirklichkeit in ihrer Vielschichtigkeit besser zu verstehen und zur Grundlage ‚umsetzungsorientierter Veränderungen‘ zu machen. In gewisser Weise kann dazu das Fallbeispiel von Beatrix Bohuslav-Drug, Barbara Enzenberger und Gabriele Kampel über die Arbeitsweise beim ‚Projektmanagement im Lebensministerium‘ dienen, das sich seit vielen Jahren im BMLFUW etabliert und auch bewährt hat.
Die Politologin Rita Trattnig, ebenfalls im Lebensministerium tätig, legt den Schwerpunkt ihres Beitrages auf neue Formen der paritizipativen Demokratie und gibt uns eine Auflistung förderlicher Rahmenbedingungen und Qualitätskriterien, die vor allem im Laufe des Prozesses zu berücksichtigen sind, mit. Wie Good Governance in der ländlichen Entwicklung konkret wirkt, wird von Günter Salchner am Beispiel Außerfern dargelegt. Er zeigt, wie die Ziele der Gemeinschaftsinitiative ‚LEADER‘ mit den kooperativen Grundsätzen von GG harmonieren können und so das ‚Bottom-up‘ Prinzip gestärkt wird und zugleich die Effizienz von Netzwerken. Daran schließt ein weiterer Beitrag über eine ‚Spielform‘ sozusagen von GG an, nämlich ‚Regional Governance‘ als Tätigkeitsfeld der Regionalmanagements, hier über den Regionalverband Mostviertel (Niederösterreich) von Karl G. Becker und Berenike Ecker. Wie es gelingen kann, ‚den Staat zu entlasten, Selbsthilfekräfte zu mobilisieren und Synergieeffekte ≠mit Mehrwert≠ durch Kooperation zu nutzen‘, wird ganz besonders am Beispiel der Kleinregionalen Entwicklungskonzepte deutlich. Ein ganz aktuelles Ergebnis der kooperativen Zusammenarbeit von Gemeinden, Regionalmanagement und Land besteht seit Sommer 2007 in Form des mehrere hundert Kilometer langen Mostviertler Radwegenetzes.
Und ‚Good Governance‘ auf Gemeindeebene? Klaus Wirth stellt klar, dass GG für eine Modernisierung der Gemeinde, ihrer Politik und Strukturen in Richtung Public Management zu kurz greift, dass jedoch das Ziel, die ‚primär betriebswirtschaftliche und binnenorientierte Modernisierung des (kommunalen) Sektors wieder stärker mit staats- und gesellschaftstheoretischen Fragen zusammenzuführen‘, besondere gesellschaftspolitische Relevanz besitzt und der eigentliche Ansatzpunkt von GG wäre.
Vielleicht finden irgendwann auch noch die sogenannten ‚Soft Skills‘ über die Diskussion um Good Governance einen Weg vom oft gehörten Lippenbekenntnis zu einer breiteren und wirklichen Anerkennung?
(Editorial von Franz Greif)