Land & Raum im Herbst sagt: „Vielfalt lohnt sich!“
40 Seiten, 14 Beiträge
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Die „Vielfalt“ – am Bauernhof, in der Landwirtschaft, in der Landschaft – wurde als Thema wohl nicht erst kürzlich erfunden, wiewohl ins Gegenteil divergierende Entwicklungen überall stattfanden und weiter stattfinden. Der Bauer selbst kannte Vielfalt von Anfang an als ein Grundprinzip allen Lebens, und immer auch der Ernährung, deren Ausgewogenheit schlicht und einfach Vielfalt erfordert.
Vielfalt ist jedoch auch eine Lebensversicherung. Ein schönes Beispiel sind die Reisbauern der „hydraulischen Gesellschaften“ Südasiens. Sie wussten quasi „immer schon“ um die Wichtigkeit einer spezifischen Vielfalt, und daher bauten sie Reis auf wenigstens drei Feldern an – auf einem stets nassen, einem trockenfallenden und einem ohne Bewässerung. So suchte man die Folgen potenzieller Missernten zu mindern, die durch Wasserüberschuss oder -mangel entstehen können. Und in Zeiten fehlender Arbeitsteilung war ganz allgemein Einfallsreichtum gefragt, um Güter zu erzeugen oder Dinge zu schaffen, die noch nicht im Austausch oder auf einem Markt erhältlich waren.
Auch bei uns ist Vielfalt schon früh ein Wirtschaftsprinzip geworden. Als durch Düngung eine Steigerung der Erträge möglich wurde und man damit mehr Futter für das Vieh gewann, entwickelten sich etwa in den „Proviantwidmungsbezirken“ der Eisenwurzen Betriebe mit zwei (und mehr) Produktionszielen; die wichtigsten waren Getreide und Fettschweine, also Brot und Schmalz für die Knappen und Hüttenarbeiter im Industrieraum um den Erzberg. Die Zeugen dieser Entwicklung sind die Vierkanthöfe zwischen Amstetten und Wels. Freilich sah die Welt über Jahrzehnte (und sieht dies auch heute) die Entwicklung vieler Monokulturen, auf Plantagen in Tropen und Subtropen oder in den Gebieten des ehemaligen Ostblocks, wo die sozialistische Agrarpolitik ihre Kommandos nur nach materialistischen Gesichtspunkten verteilte.
Doch im Zuge der Überwindung einer reinen „Ökonomisierung“ der Landwirtschaft entstanden letztlich auch andere „Vielfaltsziele“. Dies steht wohl auch in Zusammenhang mit dem agrarischen Strukturwandel, der ja die Nebenerwerbsbetriebe zeitweise so zahlreich werden ließ. Mit dem allgemeinen Wirtschaftsaufschwung entstand im Tourismus ein „landwirtschaftsaffiner“ Sektor. Verarbeitung der Erzeugnisse und Direktvermarktung schlossen sich an, und auch die Leistung kommunaler Dienste (im Sommer, im Winter, in Notfällen) können Landwirte mit ihren schon vorhandenen Geräten bestens erbringen.
So zeichnen die Autorinnen und Autoren im vorliegenden Heft ein Zustandsbild der möglichen Vielfalt in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum, wobei der Fokus verstärkt auf Biodiversität gerichtet ist. Auch geht das Tun der Akteure in den präsentierten Fällen überwiegend auf ihre eigenen Überlegungen zurück. Besonderen Wert legen sie dabei darauf, dass durch die dargestellten Beiträge ein Diskurs von Landwirt zu Landwirt (Hobbylandwirte inklusive) angeregt wird. Dem Thema „Vielfalt“ nähern sich die Beiträge auf dreifache Weise:
- Eingangs durch drei Grundsatzbeiträge, warum sich Vielfalt eigentlich lohnt (Steurer, Wanninger), wie sie durch ein Diversitätsmonitoring zweckdienlich dokumentiert wird (Priebernig) und welche Schwierigkeiten „Vielfalt in der Praxis“ beinhalten kann (Maurer).
- Sodann durch sieben Beispiele, die für die thematische Bandbreite des Begriffs Vielfalt stehen; sie beziehen sich auf neue Formen des (schon erprobten) Randstreifenprogramms (Reschenhofer, Steiner), auf die Bedeutung der Artendiversität im Wald (Pater Michael), auf die Kombinierbarkeit von Biodiversität und Intensivproduktion (Familie Oberleitner), auf die enorme Bedeutung der Pflege und Erhaltung pflanzlicher Genreserven (Gillinger, Schrefel) oder auf die Haltung und Züchtung seltener Nutztierrassen (Soritz). Es gehört aber auch die Vielfalt der Baukultur zum ländlichen Raum (Gruber, Wallner), heute durch immer mehr Best-Practice-Beispiele repräsentiert. Und dann noch die Initiative des ÖKL „AfterWork am Bauernhof“ (Zipper), die unmittelbar die interessierte Öffentlichkeit anspricht und „echte Landwirtschaft zum Angreifen“ vermitteln will.
- Als Abschluss bringen vier Beiträge spezifische Ergebnisse, die den ökologisch-protektiven Charakter von Vielfalt wiedergeben sollen. Es sind dies die Wirkungen von Blühstreifen durch die Erhaltung der Nahrungsgrundlage von (Wild-)Bienen (Haslgrübler), die Bedeutung des Flächenmanagements eines Bauernhofs für die ihn umgebende Vogelwelt (Wirtitsch) und schließlich auch, welche Folgen Biodiversität im Boden zeitigt, oder eben nicht, wenn sie fehlt (Fink). Den Schlusspunkt bildet die Deutung landschaftlicher Vielfalt als Grundlage eines gesunden Naturhaushalts und zugleich eines psychologischen Bedürfnisses des Menschen (Frohmann).
(Editorial von Franz Greif)
Inhalt:
Vielfalt lohnt sich – warum eigentlich?
Barbara Steurer und Klaus Wanninger
Wie ich zur Biodiversitätsvermittlerin wurde …
Isa Priebernig
Ordentlich! Schlampert.
Johannes Maurer
Ackerwildkräuter und Muttertagswiese am Stiegl-Gut
Johann Reschenhofer und Konrad Steiner
Diversität – Unterschiedlichkeit
Pater Michael
„Vielfalter-Betrieb“ Oberleitner
Martina und Anton Oberleitner
Der Kulturpflanzenschutz der Arche Noah
Johanna Gillinger und Christian Schrefel
Der Biosphärehof Tabakscheucher auf der Koralm
Barbara Soritz
Baukultur am Land – mehr als nur Baumaschinen
Roland Gruber und Roland Wallner
AfterWork am Bauernhof – Let´s go!
Kornelia Zipper
Rund 300 Kilometer Nahrungsgrundlage für Bienen in OÖ
Petra Haslgrübler
Die Vogelwelt rund um den landwirtschaftlichen Betrieb
Michael Wirtitsch
Biodiversität im Boden
Daniel Fink
Landschaftliche Vielfalt wahrnehmen
Erwin Frohmann