Das Grüne Band Europas

LR 2 2014 CoverDie aktuelle Ausgabe von Land & Raum befasst sich mit dem „Grünen Band Europas“, also mit jenem geschichtsträchtigen Streifen längs durch Europa, durch den bis vor 25 Jahren der Eiserne Vorhang verlaufen ist. In neun Beiträgen eröffnen die Autoren sowohl rückblickend als auch vorausschauend unterschiedliche Perspektiven auf das Grüne Band.
48 Seiten, farbig, beeindruckende Fotos, Preis: 5 Euro.
Bestellungen im ÖKL: office@oekl.at oder 01/5051891 oder im Webshop.

Der Eiserne Vorhang
Die Änderung politischer Grenzen vermag weitreichend in die menschliche Sphäre einzugreifen. Im negativen Sinn kann sie den Verlust von Hab und Gut, des Heims und der Heimat, tradierter Beziehungen, freier Entscheidung und bei Widersetzung selbst den Verlust des eigenen Lebens bedeuten (Beiträge: Grossauer; Pittler).
So auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs, als die Neuordnung Europas eine politische und ideologische Trennung in West und Ost und einen Bruch in Millionen von Lebenswelten bewirkte. Mit dem Eisernen Vorhang wurden ganze Gesellschaften voneinander abgeschottet. Ein Autor erinnert sich an die Worte seiner Mutter: Nur Vögel oder Wildtiere konnten die andere Seite erreichen, und selbst das sei ungewiss (Beitrag: Pittler).
Das Grüne Band als …Macaria 1 Thaya_grenzfluß
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde die einstige Wunde aus Beton und Metall bewusst mit einer positiven Bedeutung versehen, heute präsentiert sie sich weitgehend als naturnahe Narbe: „Aus dem Weltraum betrachtet erkennt man anstelle von Minenfeldern eine Perlenschnur grüner, wenig verbauter Flächen“ (Beitrag: Gepp).
… ökologische Kostbarkeit
Das Grüne Band zeichnet sich durch eine Fülle an Lebensräumen und eine reiche Biodiversität aus. In diesem „Wildnisstreifen“ (Hagenstein, 2006, zitiert im Beitrag: Kovarovics und Jungmeier), finden Flora und Fauna einen Rückzugsort. Wildtiere nutzen ihn „als Wanderkorridor auf ihrem Weg quer durch Europa“. Unter den zahlreichen Naturschutzgebieten innerhalb des Grünen Bands befinden sich derzeit 39 Nationalparks (Beitrag: Kovarovics und Jungmeier).
… kulturelles Erbe
Historische Kleinstädte und Dörfer innerhalb des Grünen Bandes sorgen mit ihren historischen Gebäuden und Strukturen für eine kulturelle Vielfalt (Beitrag: Macaria und Spiegler).
Am Beispiel burgenländischer Streckhöfe wird veranschaulicht, dass auch einheimische Architektur entlang des Grünen Bandes schützenswert und schutzbedürftig ist (Beitrag: Bauer).
… Lebens- und Wirtschaftsraum
Die Siedlungsgebiete innerhalb des Grünen Bandes dienen weiters als Standort für Wirtschaft, Verwaltung, Bildungseinrichtungen, medizinische Zentren. Eine schwache wirtschaftliche Entwicklung in diesen Siedlungsgebieten hat jedoch eine Abwanderung der jüngeren Bevölkerung und eine Verschiebung der Altersstruktur zur Folge (Beiträge: Macaria und Spiegler; Preis und Spiegler).

Erhalt und Weiterentwicklung
Gezielte Kooperationen und regionalpolitische Maßnahmen können dem Verlust biologischer und kultureller Vielfalt entgegenwirken sowie die Vitalität und Funktionalität von Lebens- und Wirtschaftsräumen unterstützen.
Mit dieser Absicht formulierte die „European Green Belt“-Initiative vor 10 Jahren folgende Visionen für das Grüne Band: Aufbau eines ökologischen Biotopverbundes; Schaffung eines Naturschutzmarketings für eine integrierte Entwicklung der Naturräume und Regionen; grenzüberschreitende Zusammenarbeit; Wahrung eines „ökologische[n] Labor[s,] … das einen Längsschnitt durch alle europäischen Lebensräume bietet“. Darüber hinaus wird die Nominierung zum UNESCO-Weltkulturerbe angestrebt (Beitrag: Gepp).

1_Karte_GreenBelt(rechts: Verlauf des rund 12.500 km langen Grünen Bandes durch Europa – die Karte zeigt die Pilotregionen des GreenNet-Projektes (Abb.: Coordination Group of the European Green Belt Initiative)

Gegenwärtig bemühen sich zahlreiche Einzelinitiativen und Kooperationen um den facettenreichen Erhalt und die nachhaltige Entwicklung des Grünen Bandes, darunter GreenNet (Beitrag: Abart-Heriszt und Hofbauer-Schmidl) und TransEcoNet (Beitrag: Csaplovics).  Beide Projekte zielen auf die Schaffung eines geschlossenen ökologischen Korridors im zentraleuropäischen Abschnitt ab.
Der Grundtenor der vorliegenden Beiträge lautet, dass die Planung und Umsetzung des vielschichtigen und komplexen Unterfangens „Grünes Band Europa“ eine grenzüberschreitende Kooperation, die Einbindung der Interessensgruppen sowie integrierte Lösungen erfordern. Letzteres bezeichnet in diesem Kontext, dass Naturschutzmaßnahmen und Landschaftspflege auch die sozio-ökonomische Entwicklung  unterstützen. Dies kann beispielsweise in Form eines sanften Tourismus erfolgen, der auf Biodiversität als „Sehenswürdigkeit“ basiert (Beitrag: Abart-Heriszt und Hofbauer-Schmidl).

Mit dieser Schwerpunktausgabe sollen die Wahrnehmung und das Bewusstsein für das Grüne Band gestärkt werden.

(Editorial von Mag. Karin Heinschink, Redaktionsmitglied)