Praxis ist nicht leicht zu ersetzen
Schon das ÖKL-Seminar in Baden 2010 war ein Erfolg und dieses Jahr wurde es auf Gut Aichhof zwischen Schwechat und Wien am 3., 4. und 5. Juli 2013 wiederholt.
Praxis ist nicht leicht zu ersetzen: Einige Mähdrusch-Kurse hatten bis zum Frühsommer stattgefunden. Dennoch gab es für das praxisbetonte Seminar des ÖKL zu Erntebeginn so viele Anmeldungen, dass sogar drei (statt der geplanten zwei) Tage abgehalten wurden – schließlich sollten die Gruppen klein gehalten und damit der Seminarcharakter erhalten werden. Angesprochen wurden DrescherfahrerInnen und deren „Kunden“, also die LandwirtInnen, gleichermaßen, außerdem Lehrerinnen und Beraterinnen. (Die Veranstaltungen wurden von der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik ausgeschrieben.)
Das ÖKL hatte zum Vortrag Klaus Semmler aus dem Team „Agrartraining“ verpflichtet. Er gilt neben einer ähnlichen Gruppe aus den neuen Bundesländern – die sich aber vornehmlich auf die Theorie beschränkt – als „der“ Mähdruschfachmann und verfügt über jahrzehntelange Erfahrung mit allen Mähdreschertypen und Herstellern – selbst in Osteuropa. Der Theorieteil fand jeweils vormittags in Schwadorf statt und hatte Grundsätzliches wie die Bauweisen tangential/axial/hybrid zum Inhalt bis hin zum „Tuning“ wie das Einschweißen von Blechen in den Siebkasten, Kürzen der Windungen an der Einzugsschnecke und Ausnutzen der vollen Siebkasten-Breite als Inhalt. Zu den Leistungsangaben mancher Hersteller meinte er, es würde neben dem Getreide im Tank auch der Drescher gleich mitgewogen …
Die Lacher hatte er auch auf seiner Seite, als er meinte, der Abstand zur Einzugsschnecke lasse sich nicht verändern. Semmler meinte damit, dass immer mit der Einheitseistellung gefahren werde, sodass der Mechanismus festgerostet wäre.
Was Semmler immer wieder unterstrich „Ober- und Untersieb auf, Wind auf“, bestätigte sich bei allen Typen in der anschließenden Praxis: Es stiegen nicht die Verluste wie erwartet. Es konnte vielmehr schneller gefahren werden, denn die zusätzliche Luft lockert die Strohschicht über den Sieben und die Überkehr wird entlastet.
Bild: Hier ist nicht die Bodenklappe des Elevators zum (vgl. rechts, zurückgesetzt) Tank geöffnet, sondern jene der Überkehr. Der extreme Zustand wurde hier absichtlich herbeigeführt, aber in abgemilderter Form tritt er ungewollt immer wieder auf. Der überbordende Kreislauf: Dreschtrommel-Überkehr und wieder zurück zur Trommel belastet den Drescher unnötig bis hin zum „Zufahren“ und steigert den Körnerbruch.
Praktisch demonstriert wurden die „Erkenntnisse“ an den Mähdreschern der Hersteller CASE, CLAAS, DEUTZ-FAHR JOHN DEERE, MASSEY-FERGUSON (deckt indirekt die im Wesentlichen baugleichen FENDT und LAVERDA ab) und NEW HOLLAND.
Nach einer kurzen Vorstellung wurden die Drescher jeweils – beginnend mit Haspel, Halmteiler (…nicht mit dem Spurlockerer zu verwechseln…) und Einzugsschnecke über die Siebe – optimiert, wobei sie nach einer kurzen Fahrstrecke anhielten und Reinigung und Verluste kontrolliert wurden.
Wichtig ist die Berechnung der Körnerverluste. Die korrekte Bestimmung beginnt damit, dass das Stroh (samt den darin enthaltenen Körnern) nicht einfach zur Seite geschoben, sondern auch ausgeschüttelt wird. Umgekehrt kann die Menge der vorgefundenen Körner ebenfalls täuschen, denn sie sind schließlich von Schneidwerks- auf Siebkastenbreite „konzentriert“.
Foto: Der CASE war mit dem in Europa kaum verbreiteten Schneidwerk MacDon (Kanada) mit 35-Fuß-(10,7 m) Schnittbreite ausgerüstet, das auf Stützrädern läuft und statt einer Einzugsschnecke zwei Zufuhr-Bänder aufweist. Das Gewichtbeträgt (nur) 3650 kg.
Foto: Am NEW HOLLAND ist der Prototyp eines Schneidwerkes von Schrattenecker mit 7,8 m Breite unter teilweiser Verwendung von Aluminium montiert. Auf der Agritechnica zeigt der Hersteller eines mit 12 m, das statt wie bei herkömmlicher Bauweise 4800 kg lediglich 3200kg wiegt.
Nach Feststellung von Herrn Semmler waren – zusammen mit jenem am MF – die europaweit modernsten Schneidwerke beim ÖKL-Seminar am Aichhof versammelt!
Das gedroschene Getreide wurde jeweils mit Traktoren und Anhängern des Aichhofes in das Lagerhaus gefahren, was vom Verwalter Herrn Breuer organisiert wurde.
An den drei Tagen besuchten annähernd 100 TeilnehmerInnen das Seminar; hinzu kamen beim praktischen Teil jeweils etliche „Zaungäste“, wie sie sich bei Vorführungen einstellen. Umgekehrt lag dies im Interesse der teilnehmenden sechs Firmen, für die es doch einigen Aufwand bedeutete, die Maschinen zur Verfügung zu stellen, zumal die Abreife des Getreides auch woanders rasch fortschritt.
Das Seminar am Aichhof war nicht nur subjektiv ein voller Erfolg: Die Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik als Mitveranstalter lässt die Qualität der Seminare anhand von Fragebögen erheben und das Ergebnis zeigt eine durchwegs sehr gute bis gute Beurteilung. Auch das Wetter hatte ein Einsehen: Obwohl Gewitter und Regen angekündigt waren, blieb es trocken. Wenige Minuten nach Verabschiedung der dritten Gruppe begann es zu regnen!
G. Aschenbrenner, ÖKL