Land & Raum 2 2012

img_LR 12 2 Cover: Biodiversität im Wald

Bestellungen im ÖKL unter office@oekl.at oder 01/5051891 (Abo, 4 Ausgaben im Jahr Euro 12,35 (im Ausland 13,80), Einzelnummer Euro 3,65)

Schätzen lernen, was man schützen soll: Unter diesem Motto stehen zwei über das Programm Ländliche Entwicklung finanzierte Bildungsprojekte, bei denen Land- und ForstwirtInnen aktiv in die Naturschutzarbeit eingebunden werden, indem sie seltene Tiere und Pflanzen bzw. auch andere bio-diversitätsrelevante Phänomene auf ihren Flächen beobachten. So können selbsterfahrend wichtige Erkenntnisse über die Zusammenhänge zischen Bewirtschaftung und Artenvielfalt gewonnen werden.

Nach dem Leitspruch ‚Wir schauen d´rauf‘ sind derzeit über 650 landwirtschaftliche Betriebe in ein österreichweites Beobachtungsnetzwerk für Magerwiesen eingebunden. Im Wald wurde 2011 ein Pilotprojekt mit 50 Testbetrieben gestartet. Anfang Mai 2012 fand in der forstlichen Ausbildungsstätte Ort in Gmunden eine Veranstaltung statt, bei der die Ergebnisse dieser Pilotphase präsentiert wurden. Die vorliegende Ausgabe unserer Zeitschrift ist der Tagungsband zu dieser Veranstaltung und gibt einen Überblick über die Ergebnisse des Bildungsprojektes; siehe Tagung Biodiversität im Wald

Wie Georg Frank in seinem Beitrag ausführt, kann ‚aus den Rückmeldungen auf eine sehr hohe Akzeptanz des Projektes und auf eine unerwartet hohe Bereitschaft, sich an einer Weiterführung zu beteiligen geschlossen werden.‘ 43 der 50 Testbetriebe sind daran interessiert, die begonnenen Beobachtungen in ihren Wäldern in den nächsten Jahren fortzusetzen.

In seinem Einleitungsreferat betonte Johannes Schima von der Sektion Forstwesen des Lebensministeriums, dass: ‚die Erhaltung der biologischen Vielfalt ein sehr wichtiger Teilaspekt bei der Waldbewirtschaftung ist‘, der auch ‚im höchsten öffentlichen Interesse steht‘. Neben der Bereitstellung von öffentlichen Mitteln sei dabei auch eine entsprechende Bewusstseinsbildung bei den Bewirtschaftern von Bedeutung. Genau hier setzt das innovative Bildungsprojekt an, bei dem die BewirtschafterInnen als ExpertInnen für ihre Flächen die Selbstverantwortung für schützenswerte Naturobjekte übernehmen.

Für Wolfgang Ressi von der Umweltbüro GmbH ist dieses Projekt ein logischer Schritt, der auf dem wissenschaftlichen Konzept ‚MOBI-e‘ aufbaut. Das Lebensministerium führte dieses Forschungsprojekt mit etwa 15 ExpertInnen aus verschiedenen Disziplinen von 2004 bis 2006 durch. Die Leitung von MOBI-e lag bei Wolfgang Holzner (BOKU) und Daniel Bogner (Umweltbüro). Alle Beteiligten erkannten im Zuge des Forschungsprojektes, dass neben der wissenschaftlichen Arbeit am Thema Biodiversität die Bewusstseinsbildung, etwa bei Land- und ForstwirtInnen, eine große Aufgabe der Zukunft ist.

Wie Wolfgang Suske, der das Projekt als europaweit einzigartig ansieht, in seinem Beitrag bemerkt, geht es dabei ‚… nicht nur um Wissen. Es geht um das eigene Entdecken, um das Verstehen verschiedener Lebensprozesse in seinem eigenen Wald.‘ Dass der Erfolg dieser Art von Bewusstseinsbildung, die viel auf dem In-Gang-Setzen eines Selbstlern- und Selbsterfahrungsprozesses beruht, zunächst von vielen in Frage gestellt wird, ist klar. Denn es handelt sich um eine durchaus neue Form der Bildungsarbeit. Ludwig Köck, Forstberater bei der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, und Bernhard Hösle von der Umweltbüro GmbH haben gemeinsam 25 der 50 Testbetriebe eingeschult. Trotz anfänglicher Skepsis als ‚eingefleischte Forstwirte‘ gegenüber dem Projekt konnten sie feststellen, dass diese Tätigkeit der Schulung und Aufklärung durchaus interessant und sehr abwechslungsreich war.

Auch das zweite Einschulungsteam, bestehend aus Horst Leitner, Büro für Wildökologie und Forstwirtschaft, sowie Gottfried Hinteregger, Forstwirt vom Stift Sankt Paul, kommt zum Schluss, dass der ‚Begriff Biodiversität für viele Bewirtschafter zu sperrig ist‘, dass aber ‚durch konkrete Beispiele eine Beziehung zwischen Biodiversität und den Möglichkeiten der Waldeigentümer darauf Einfluss zu nehmen‘ hergestellt wird. Eine besondere Rolle spielt dabei auch das im Projekt ausgearbeitete Bildungsmaterial, die sogenannten ‚Steckbriefe‘, die es allen BewirtschafterInnen erleichtern, ihre Beobachtungsinhalte möglichst eindeutig zu identifizieren.

Das hier vorgestellte Pilotprojekt ist in jedem Fall ein gelungenes Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Forstwirtschaft.

Editorial von Barbara Steurer, ÖKL, Wolfgang Ressi und Daniel Bogner, Umweltbüro GmbH

INHALT:

Pilotprojekt „Biodiversität im Wald“ – neue Wege bei der Bewusstseinsbildung
Johannes Schima
Idee und Hintergründe des Bildungsprojektes Biodiversität im Wald
Barbara Steurer und Daniel Bogner
Die wichtigsten Ergebnisse aus dem Bildungsprojekt
Georg Frank
Das Projekt aus der Sicht der BIOSA
Renate Haslinger
Bildungsprojekt Biodiversität im Wald –  Erfahrungen aus der Sicht der Landwirtschaftskammern
Gregor Grill
Europaweit einzigartiges Projekt – das Entdecken des eigenen Waldes
Wolfgang Suske
Bildungsmaterialien – die Steckbriefe
Klaus Wanninger
Biodiversität im Wald – ein Erfahrungsbericht
Bernhard Hösle und Ludwig Köck
Auch Flöhe und Wanzen gehören zum Ganzen
Horst Leitner, Gottfried Hinteregger und Matthias Burtscher
Das Österreichische Waldökologie-Programm
Christof Kuhn
Biosphärenpark Wienerwald
Hermine Hackl
Die unglaubliche Artenvielfalt im Lebensraum Wald
Gábor Wichmann
Wir schauen d´rauf – LandwirtInnen beobachten Tiere & Pflanzen
Sandra Gattermaier
Wildnis Dürrenstein
Christoph Leditznig
Infokasten Kategorien von Waldschutzgebieten und ihre Bewirtschaftung
Georg Frank