LANDTECHNIK UND LANDENTWICKLUNG
Zeitzeugen berichten
Am 30. Mai fand diese Veranstaltung statt, organisiert vom ÖKL und der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik. Sie blickte auf die land- und verfahrenstechnische Entwicklung der letzten 50 bis 60 Jahre zurück. Ca. 90 Personen kamen in die Hochschule!
von links nach rechts:
die ‚Zeitzeugen‘ Ludwig, Neururer und Dworzak (Foto: ÖKL)
Dr. F. Geiger (LK NÖ) und DI Peter Höpler waren als Vortragende verhindert, die von ihnen zur Verfügung gestellten Unterlagen trugen aber auch zum Erfolg der nach übereinstimmeder Meinung gelungenen Veranstaltung bei.
BERICHT:
Landtechnik als ‚Oral History‘
In bewährter Weise fand eine von ÖKL und Hochschule für Agrarpädagogik gemeinsam organisierte Veranstaltung statt. Sie hatte die Entwicklung der Landtechnik zum Inhalt. Der Untertitel ‚Zeitzeugen berichten‘ besagt, dass hier die Geschichte der Landtechnik unter der Moderation von DI Stefan Dworzak in der Form als ‚Oral History‘ vorgetragen wurde. Mit Geburtsjahrgängen kurz nach 1930 handelte es sich bei den Vortragenden tatsächlich um Zeitzeugen, welche die rasante Technisierung der Landwirtschaft ab den fünfziger Jahren miterlebt haben. Das Interesse an den Vorträgen war groß und der Saal an der Hochschule voll.
Zunächst berichtete
Fritz Dworzak, Absolvent des Franzisco-Josephinums in Wieselburg, wie er um 1950 neben einer Pachtung von knapp 200 ha auch 17 Arbeiter übernahm. Das ist erklärlich, denn die Rübensamen wurden z.B. mit einer konventionellen Sämaschine in Überzahl dicht gesät und dann in Handarbeit Reihe für Reihe vereinzelt. Zur Ernte wurden sie ausgepflügt, Stück für Stück entblättert und mit langsamen Fuhrwerken zur Übernahme gebracht.
Verfahrensbedingt war der Erdanhang geringer als beim heutigen Vollernter. Zur Humusmehrung wurde der Stallmist mit Jauche übergossen, von Ochsen festgetreten und von Hand am Acker verteilt. Von Hand und mit bemerkenswerter Genauigkeit erfolgte die Ausbringung von jeweils 20 Tonnen Kalkstickstoff jährlich; auch zur Unkrautbekämpfung. Ein sozial- und technikgeschichtliches Detail: Den Traktorführern des Lanz-Bulldog stand eine zu entlohnende ‚Vorbereitungsstunde‘ zu. Die beiden sog. ‚Schaffer‘ standen in der Hierarchie zwischen Betriebsleiter und Arbeitern. Das von Hand gemähte und zu Garben gebundene Getreide wurde anfangs mit von Lokomobilen betriebenen Dreschmaschinen gedroschen. Danach kam der gezogene Mähdrescher zum Einsatz. Von diesen ließ Dwozak einen Drescher nach der Saison auf dem Zweitbetrieb in der Steiermark in der britischen Zone in Sicherheit stehen, wohin er auf der Achse gefahren war. In weiterer Folge kam der Selbstfahrer zum Einsatz.
Zu Beginn des Mähdrusches wurden in Österreich jährlich 4500 der verschiedensten Hersteller – hier Dechentreiter mit einer unkonventionellen Haspel √ verkauft; jetzt teilen sich wenige Hersteller den Markt von ca. 140 Stück im gleichen Zeitraum. (Foto: ÖKL)
Vor allem im nassen Jahr 1965 erfolgte die Kopfdüngung mit dem Agrarflugzeug. Der Pflanzenschutz auf diese Weise war wegen der Abtrift für die Strukturen in Österreich ungeeignet und bald nicht mehr erlaubt. (Foto: Höpler)
Auch der Gutsverwalter Ing.
Josef Ludwig erlebte auf den Gütern im Burgenland den gesellschaftlichen Wandel mit. Drei Güter waren ‚Mikrokosmos‘ für jeweils 60 Familien mit eigenen Schulen und Werkstätten, in denen bemerkenswert geschickte Personen arbeiteten. Die Entlohnung erfolgte ‚gemischt‘ als Deputat in Form einer Wohnung dazu Brennholz, Lebensmittel und Bargeld. Immerhin war es möglich, mit einer 4 Meter breiten, von kräftigen Ochsen gezogenen Sämaschine und drei Arbeitskräften, täglich bis zu 15 ha zu bestellen. Da für die Dreschkolonnen sieben Prozent des erdroschenen Getreides als Lohn üblich waren, bestand eine hohe Motivation zu sorgfältiger Arbeit.
Rübenvereinzeln von Hand. Genetisch monogermes Saatgut und Einzelkornablage ermöglichten später den Anbau auf Endabstand. (Foto: Ludwig)
In der Nachkriegszeit nahm die Anziehungskraft der Industrie zu, und gerade die besseren Arbeitskräfte folgten dieser als erstes. Daraus ergab sich der Zwang zur Mechanisierung. Eigene Konstruktionen etwa zum Getreidetransport ermöglichten den raschen und handarbeitslosen Güterumschlag. Heutzutage wird auf beiden Betrieben die Arbeit außer von den Betriebsführern von ganz wenigen Mitarbeitern erledigt.
Prof. Dr.
Neururer, auch im fernen Ausland immer noch als Berater aktiv, erlebte das Vereinzeln als Student als so mühsam, dass er sich später der Saat auf Endabstand widmete. Sein Hauptarbeitsgebiet wurde der Pflanzenschutz, wobei schon in den fünfziger Jahren der Bienenschutz für ihn ein Thema war. Für das früher hierzulande verwendete DDT ist in der Bekämpfung der Malaria gibt es immer noch keine Alternative. Im Zusammenhang mit dem Baumwollanbau und der Kinderarbeit in Ägypten sieht er die Gentechnnik differenziert und lehnt diese nicht unbedingt ab. Wenn der Wirkungsgrad in der Beregnung 10 % beträgt, so liegt er bei der modernen Tropfenbewässerung bei 60 %.
Ing.
Karl Krischka, zunächst bei der Landwirtschaftskammer NÖ und lange Jahre bei der ‚Warenvermittlung‘ (jetzt RWA) tätig, erläuterte das Handlungsschema vieler Hersteller (nicht nur) der fünfziger Jahre, das nicht immer Erfolg verspricht anhand des Geräteträgers: ein Hersteller hat einen gewissen Erfolg und Alle meinen, bei dieser Neuentwicklung dabei sein zu müssen. Im konkreten Fall dauerte aber auch die Umrüstung des Geräteträgers zu lange. (Anm.: sogar Steyr – nach den Worten von Krischka ‚durch Zölle vor Konkurrenz aber auch vor Erfahrungen im Ausland geschützt‘ – hatte ein Versuchsmodell, untermotorisiert wie die deutschen Vorbilder entwickelt). Ähnlich lagen die Dinge beim – technisch allerdings ausgereifteren – Ladewagen. Dagegen veränderte einer der US-‚Traktorgiganten‘ sein Erfolgsmodell binnen zwanzig Jahren nur minimal. Die hiesige Zersplitterung ermöglicht nur kleine Stückzahlen und folglich ‚adäquate‘ Gewinne. Von der Betriebswirtschaft der BOKU kam in den fünfziger Jahren die Regel: 1 PS pro Hektar, abzüglich vorhandener tierischer Bespannung. Freilich sind manche Betriebe jetzt ins andere Extrem gelangt. Annähernd 40 Jahre dauerten die Versuche bis das ‚Ideal‘ vieler Techniker, der betriebssichere, stufenlose Antrieb des Traktors mit hohem Wirkungsgrad möglich wurde. Das jetzt angewendete Prinzip der Leistungsverzweigung ist seit 1940 bekannt.
Auf dem Anhänger werden verschiedene Fraktionen des Mineraldüngers vor dem Ausbringen gemischt, ein Vorläufer des Volldüngers. (Foto: Dworzak)